Wetter/Pilze Mai 2020

Wetter und Pilze im Raum Nordwestmecklenburg

Tagebuch Wetter und Pilze im Mai 2020

Gewitteraufzug unweit des Keezer Sees am 1. Mai 2020.

Freitag, 01. Mai (Internationaler Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse) – Und in der vergangenen Nacht hatten die Hexen und Teufel ihren großen Auftritt. Einmal im Jahr treffen sie sich bekanntlich in der Walpurgisnacht auf dem Brocken im Harz oder auf dem Hexentanzplatz oberhalb des Bodetals. Eigentlich stehen sie ja als Zauberer über allem irdischen, welches die Normalsterblichen beschäftigt. Diese aber stellten sich über die Falbel Wesen und verboten ihnen ihr Treiben angesichts der Kontaktbeschränkungen anlässlich der Corona – Krise. Sie durften ihre angestammten Plätze nicht anfliegen. So mussten sie sich maximal zu zweit andere Tanzplätze suchen. Also Augen auf in den nächsten Tagen und Wochen, denn es gilt die Hexenringe zu entdecken, an denen sie ausgelassen ihre Kreise drehten. Geregnet hat es nun in Mecklenburg recht ordentlich und so könnte es durchaus sein, dass doch noch der eine oder andere Hexenring von Maipilzen einen Versuch starten könnte. Großes erwarte ich diesbezüglich allerdings nicht mehr. Der Regen hätte wohl zwei Wochen früher einsetzen sollen. Allerdings können die Mai – Ritterlinge und die ebenfalls sehr schmackhaften Schild- und Blassen Pflaumen – Rötlinge durchaus bis Mitte Juni ihre Fruchtkörper ausbilden. Das ist genau der Aspekt, der nun beginnt (Frühling von Anfang Mai – Mitte Juni).

Nochmals zum Wetter. In der Walpurgisnacht hat uns wie angekündigt ein kompakteres Regengebiet überquert und vor allem Westmecklenburg reichlich Regen gebracht. Die Regionen zwischen Rostock, Schwerin, Lübeck und Hamburg liegen damit deutschlandweit ganz oben in der Regenbilanz. In Keez kamen in der Nacht 17 Liter vom Himmel. Hier noch einige 72 stündige Messwerte von heute Abend 20.00 Uhr: Goldberg 15 l/qm, Kirchdorf auf Poel 18 l/qm, Rostock/Warnemünde 20 l/qm, Schwerin 23 l/qm und Boltenhagen 37 Liter auf den Quadratmeter. Das ist schon recht ordentlich. Da die Niederschläge größtenteils konvektiver Natur waren, kann es innerhalb unseres Einzugsgebietes durchaus mal weniger, aber auch mehr gewesen sein. Auf jeden Fall ist Entspannung angesagt und wir harren der dinge, die da kommen.

Trotz des launischen April – Wetters fuhr ich gestern Abend noch kurz in den Wald. Ich dachte mir, ein Tagebuch – Foto von frischen Schuppigen Porlingen (Polyporus squamosus) würde mal wieder eine Pilzart zeigen, die auch in der Küche Verwendung finden kann. Das dachte sich auch ein Mykophag vor mir, denn es leuchteten mir etliche Schnittstellen entgegen. Am Fuß einer Esche fand ich schließlich diese kapitalen Exemplare mit ihrem typischen Geruch nach frischen Gurken. Die untere Traube hatte einen Durchmesser von mindestens 60 cm und war einige Kilo schwer. Bei so großen Exemplaren ist maximal noch der zartere Hutrand zu gebrauchen. Standortfoto am 01. Mai 2020 im Hellbachtal.

Sonnabend, 02. Mai – Unterkühlt, und bei wechselnder Bewölkung gab es heute wieder einige Schauer. Das geht auch noch bis einschließlich Montag so weiter, wobei diese allmählich schwächer und seltener werden. An Regen wird daher wohl nicht mehr viel zusammenkommen. Ein neues Hochdruckgebiet deutet sich an und die Tage werden im Verlauf wieder sonniger, aber kaum wärmer. Wir bleiben auf dem Temperatur – Niveau, wie wir es bis auf wenige Ausreißer, seit Wochen gewohnt sind. Also die Höchstwerte meist zwischen 10 und 15 Grad. Bei nächtlichem Aufklaren und Windstille geht es zumindest am Erdboden wieder häufiger in den Frostbereich. Und damit nicht genug. Im weiteren Verlauf wird es wohl von Nordosten immer kälter und die Eisheiligen kündigen sich an. Dann sind nicht nur bei uns im Norden, sondern auch in Süddeutschland empfindliche Nachtfröste angesagt. Dazu wird nur noch wenig Regen erwartet. Das Europäische ECMWF/Global Euro HD – Wetter Modell rechnet für Wismar bis zum 08. Mai nur knapp 4 Liter auf den Quadratmeter. Die zunehmend trockenkalte Luft und kaum noch Feuchtenachschub, in Verbindung mit den teils sehr kalten Nächten, stellen nicht gerade Pilzwetter vom feinsten dar. Zwar kommen Maipilz und Co. mit diesen Temperaturen ohne weiteres klar, aber die Luftmassen sind einfach nicht treibend und an sonnigen Stellen wird es sehr schnell wieder trocken, da die Verdunstung um diese Jahreszeit schon sehr hoch ist und auch die Pflanzen das gefallene Wasser sehr schnell abziehen.

Hier ein Rindenpilz, den ich gestern im klimatisch begünstigten Hellbachtal fotografiert habe. Wir finden den Lederighäutigen Fältling (Byssomerulius corium) vorzugsweise im feuchten Winterhalbjahr an toten Laubholz – Ästen.

Sonntag, 03. Mai – Heute wäre eigentlich unser diesjähriges Frühlingsseminar in Wiligrad, am Schweriner See, zu Ende gegangen. Aufgrund der Corona – Problematik und der sich daraus ergebenden Kontakt- und Reisebeschränkungen musste unser Pilzwochenende in Mecklenburg abgesagt werden. Zunächst gelten die Kontaktbeschränkungen, an denen nur maximal zwei Personen zusammen unterwegs sein dürfen, in M-V noch bis mindestens dem 10. Mai. In der Diskussion steht derzeit eine weitere Verlängerung dieser Regel, so dass ich gezwungen bin, meine Veranstaltungsplanung dem entsprechend anzupassen. Am kommenden Sonntag fällt also auch unsere geplante Vereinsexkursion aus. An den Mittwochsexkursionen kann zumindest ein Gast teilnehmen. Siehe unter Termine.

Heute Abend bin ich noch mit Irena nach Wiligrad gefahren, um ein wenig die Lage zu peilen, was uns eventuell entgangen sein könnte. Aber das war erwartungsgemäß nicht viel. Morcheln sahen wir keine, aber hier und da zeigten sich doch mal einige Frischpilze. Natürlich hätten wir in der Zeit von Freitag bis Sonntag einen weitaus größeren Exkursionsradius gezogen und mehr als zwei Augenpaare können natürlich auch einiges mehr entdecken. Fakt ist auf jeden Fall, ein Frühlingsseminar mit reichlich Morcheln wäre es keinesfalls geworden. Insofern bin ich nicht sonderlich traurig, dass unser frühlingshaftes Pilzwochenende in diesem Jahr leider ausfallen musste.

Was wir vergeblich suchten, konnte Christian Ehmke an diesem Wochenende nochmals entdecken. Von den wenigen Speisemorcheln (Morchella esculenta), die er finden konnte, soll dieses das sehenswerteste Exemplar gewesen zu sein. Ich denke, mit diesem schönen Foto können wir die Morchelsaison 2020 zu den Akten legen.

Montag, 04. Mai – Noch kurz zum Thema Morcheln. Natürlich kann es sein, dass auf Schredderbeeten in Anlagen möglicherweise in den nächsten Wochen noch Spitzmorcheln auftauchen. Die haben nicht so einen engen Wachstumskorridor, wie wir es von den Speise – und Käppchenmorcheln her kennen (Löwenzahnblüte). Spitzmorcheln sind noch bis Mitte Juni möglich.

Zur Wetterentwicklung: heute war sehr kalte Nordmeerluft wetterbestimmend. Es war allerdings ein über weite Strecken freundlicher und sonniger Tag. Morgen wird die Luft in der Höhe noch etwas kälter und daher auch labiler. Es können sich zahlreiche Schauer und Gewitter bilden. Diese werden meist aber nicht sonderlich stark ausfallen, so dass ich nicht mit größeren Regenmengen rechne. Im Wochenverlauf soll es dann immer sonniger und allmählich auch bei uns wieder etwas wärmer werden. Am Wochenende droht aber schon wieder der nächste Absturz. Eine markante Kaltfront bringt Polarluft aus dem hohen Norden. Wieviel Regen- , Schnee- und Graupelschauer sie dabei haben wird, muss abgewartet werden. Wir dürfen recht pünktlich die Eisheiligen erwarten. Aber das dürfte uns nicht wirklich treffen. Gefühlt haben wir, bis auf wenige Ausnahmen, die Eisheiligen schon seit Wochen zu Gast. Nachts ist jedenfalls wieder zunehmend mit Frost zu rechnen.

Die Niederschläge der vergangenen Tage zeigen bereits Wirkung. Hier sind es büschelweise Glimmertintlinge (Coprinus micaceus) die oberhalb der Hangterrassen des Schweriner Sees die Linsen unserer Augen und die meiner Kamera beglückten. Jung essbar, aber ohne Alkohol! Standortfoto am 03.05.2020 im Haushalt Forst.

Dienstag, 05. Mai – Heute jährt sich zum 5. mal der verheerende Tornado von Bützow. Auch unsere Steinpilz – Außenstelle in Keez ist damals knapp der Verwüstung entgangen, denn auch Teile von Brüel wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Ja, die Natur ist stärker als der Mensch. Das zeigt sich gerade auch wieder in der derzeitigen Corona – Krise. Tornados sind kleinräumige Ereignisse und gehören zum ganz normalen Wettergeschehen. Das neuartige Corona – Virus agiert weltweit und hat sich im Zuge der Globalisierung rasant über den Planeten ausgebreitet. Die Evolution steht nicht still und es werden immer neue Organismen entstehen und sich anpassen und verändern. Bei Viren scheint dieses schnell zu gehen, andere Lebewesen können sich nicht so schnell an Veränderungen anpassen. Und für gravierende Veränderungen in unserer Wohnstube sorgt in immer schnellerem Tempo das rücksichtslose, gewinnorientierte Wirtschaften des Menschen. Wenn dem nicht in kürzester Zeit ein Riegel vorgeschoben wird, droht uns bald viel schlimmeres und wir werden wohl alle nach Luft schnappen, wenn der Sauerstoff knapp wird und die Erde sich zum Treibhaus aufheizt. Dann droht nicht nur Corona – Patienten der Erstickunkstod. Diese Erkenntnis scheint nun sogar im konservativen Lager angekommen zu sein. Verwundert rieb ich mir heute Vormittag die Augen, als mir die Überschrift eines kleinen Artikels in der Ostsee – Zeitung in` s Auge fiel. „CSU – Minister mit Kapitalismuskritik“! Entwicklungsminister Gerd Müller plädiert für die Abkehr vom bisherigen „immer-weiter-schneller-mehr-Kapitalismus“. „Die Corona – Krise sei ein Weckruf an die Menschheit, mit unserer Natur und Umwelt anders umzugehen. Ein Auslöser der Pandemie liegt auch im Raubbau an der Natur, in der Rodung der Regenwälder“ – Und nicht nur dieser, meine ich. Genau meine Gedanken, aber dazu brauchte ich nicht die Erkenntnis der Corona – Krise, sondern diese These ist in meinem Kopf bereits seit mindestens 30 Jahren verankert. Damals, als ich vom real existierenden Sozialismus und den real existierenden Kapitalismus übernommen wurde. Bis vor kurzem galt jeder der so dachte in diesem System als Spinner oder als linksradikal. Die Grünen wurden Jahrzehnte gerade auch wegen ihres Engagements für die Umwelt vom christlich – konservativem Lager bekämpft und die Linke erst recht, weil die Beseitigung des Kapitalismus und mehr Gerechtigkeit unter den Menschen ihr oberstes Ziel ist.

Nun wachen auch die „Gottesgläubigen“ endlich auf? Gott ist nichts weiter wie die Natur, unsere Umwelt. Gott wird auf Teufel komm raus ausgeplündert und in den Kirchen werden immer die selben, hohlen Phrasen von Wiederauferstehung und Vergebung ihrer Sünden runtergebetet und gleich danach wird Gott, gerade auch von diesen Leuten, wieder mit Füßen getreten. Ich fürchte, trotz dieser bemerkenswerten Erkenntnis eines CSU – Politikers, wird sich nach dem Abflauen der Corona – Krise nicht viel ändern. Im Gegenteil, der Kapitalismus verschenkt nichts und wird sich die nun ausgereichten Hilfsgelder mehr als doppelt und dreifach zurück holen. Wir werden uns noch warm anziehen können. Und im konservativen Lager warten sicher schon Politiker vom Schlage eines Friedrich Merz, die dem Kapitalismus schon wieder auf die Sprünge helfen werden.  Sollte sich aber ein Minister wie Gerd Müller von der CSU mit seiner Erkenntnis durchsetzen, könnte es sein, dass ich erstmals in meinem Leben mein Kreuz auf dem Wahlzettel bei einer dieser Parteien setzen könnte. Aber das wird ganz sicher nicht geschehen, denn mein Herz wird bis zum Schluss grünrötlich – links schlagen und sich nicht schwarz einfärben lassen.

Ja, wenn die schwarzen allmählich rot werden. Da scheint diese Pilzart ganz gut zum Thema zu passen. Ziegelrote Kohlenkruste (Hypoxylon rubiginosum). Ein häufiger Pyrenomycet, der oft großflächig an totem Laubholz vorkommt, gern auch an Eschenholz. Die Holzkeulenverwandten sind mehrheitlich schwarz gefärbt, aber mitunter kommen auch rötliche Töne zum tragen, so wie derzeit wohl auch im schwarzen Lager der Politik. Standortfoto am 03.05.2020 im Haushalt Forst bei Wiligrad.

Mittwoch, 06. Mai – Ich habe mir eigentlich schon lange vorgenommen, mich nicht mehr zur Politik und dem Verhalten der Mächtigen zu äußern, da ich ohnehin nichts ändern kann. Es liegt in der Natur des Menschen, sich zu überschätzen und sich über alles Andere zu stellen. In der Gesamtheit, wie im einzelnen. Alle wollen nach oben, wollen Kariere machen und da spielt der ganz persönliche Egoismus die erste Geige und die jeweils installierten Macht -Systeme geben die Richtung vor. So ist jeder Emporkömmling darauf angewiesen, mit den Wölfen zu heulen, wenn sein Ansinnen gelingen soll. Das wichtigste dabei, die Geldbörse soll immer dicker werden. So funktioniert Machterhalt des jeweiligen Staates, aber auch der Fortschritt im negativen, wie im positiven. Diesbezüglich bin ich ein Außenseiter, denn ich habe nie eine Karriere im herkömmlichen Sinne angestrebt und auch die dicke Brieftasche, die ich durchaus gebrauchen könnte, um meinen Arbeitsplatz sicherer zu machen, war nie erstes Ziel meiner Bestrebungen und meines Antriebs. Mit dieser Einstellung ist man im Kapitalismus fehl am Platz. Das, welches ich derzeit immer noch machen darf und das fast wie durch ein Wunder geduldet wird, war schon mein Berufswunsch als Kind bzw. Jugendlicher. Ein Beruf oder besser, eine Berufung, die aber nicht viel zählt. Wer sich mit Pilzen beschäftigt, zumindest in der Form wie ich es tue, als Autodidakt und Laie, ist irgendwie aus einer anderen Welt. Gerne darf er, vorzugsweise im Herbst, mit Rat und Tat zur Seite stehen und im schlimmsten Fall auch bei Vergiftungen Patienten und Ärzten unter die Arme greifen. Wenn er Glück hat, ich gehöre nicht dazu, gibt es eine Handvoll Euro übers Jahr als Aufwandsentschädigung. An anderer Stelle wird das Geld im Überfluss in die Luft geschmissen. So musste nun der Profi (t) – Fußball endlich wieder an den Start gehen. Nicht des Sportes, sondern des Mammons wegen. So, nun soll aber Schluss sein mit den Unorthodoxen Ausschweifungen eines links angehauchten, grünen Vereinfachers, aber aus der Welt der Großpilze gibt es derzeit sowieso nichts weltbewegendes zu berichten.

Dennoch einige Worte zu meiner Mittwochsexkursion. Sie führte mich ein letztes mal in das Goldberger Messtischblatt. Also in MTB 2438/4. Ziel war der Sühringsbrook südlich Woosten. Ein kleineres, kompaktes Waldgebiet am sogenannten Grenzgraben und dem Bickbeerenmoor. Wie fast immer eine Mischung aus Laub- und Nadelwald bzw. Forst. Die Bodenverhältnisse möchte ich als sandig – lehmig bezeichnen. Bis auf drei Grünblättrige Schwefelköpfe, habe ich keine Frischpilze gesehen. Schichtpilze, Pyrenomyceten und Porlinge an Holz standen im Mittelpunkt meiner Kartierungsexkursion. Ein kleiner Bericht folgt in Kürze.

Der Top – Fund war für mich heute der Schönfarbige Kristallzystidenporling (Junghuhnia nitida). Zwar nicht gerade eine Rarität, aber dennoch keine häufige Art an Laubholz und darüber hinaus hübsch anzusehen. 06.05.2020 im Sühringsbrook.

Donnerstag, 07. Mai – Gedonnert hat es heute nicht, aber am Vormittag war es reichlich bewölkt. Erst gegen Mittag heizte die kräftige Mai – Sonne die Wolken weg und es wurde wieder ein freundlicher Tag. Donnerwetter ist hingegen am Wochenende im Süden Deutschlands angesagt. Zuvor wird warme Sommerluft aus dem Mittelmeerraum herangeführt und aus Norden nähert sich eine markante Kaltfront. So ist besonders dort am Sonntag noch Sommerwetter mit erwähnten, örtlichen Gewittern angesagt und am Montag darf der Schneebesen zum Einsatz kommen. Und das zumindest in höheren Lagen, aber auch im Flachland ist eine weiße Überraschung nicht ausgeschlossen. Das wird für die Südländer ein kleiner Schock werden. Für uns im ohnehin unterkühlten Norden wird das ganze nicht so dramatisch, denn kalt war es die letzten Tage auch. Morgen und am Sonnabend gehen die Temperaturen auch bei uns in einen angenehmeren Bereich, bevor wir ab Sonntag wieder in die arktische Kaltluft gelangen. Während in der Südhälfte bei Schauern und Gewitter und teils auch länger anhaltenden Niederschlägen im Bereich der Kaltfront, einiges an Wasser vom Himmel kommen sollte, können wir im hohen Norden in einzelnen Regen- und Graupelschauern höchstens mit einer minimalen Anfeuchtung der Oberböden rechnen. Dazu dürfte wieder ein trockenkalter Wind wehen. Von Pilzwetter sind wir also weit entfernt. Ob es Mitte oder Ende Mai auch bei uns wieder nennenswerte Regenfälle geben kann, steht derzeit noch in den Sternen.

Zu den besseren Arten, die ich gestern im Sühringsbrook finden, notieren, fotografieren und für die Ausstellung mitnehmen konnte, zählt auch diese Großporige Datronie (Datronia mollis). Standortfoto am 06.05.2020.

Freitag, 08. Mai (Tag der Befreiung) – Heute vor 75 Jahren endete der 2. Weltkrieg in Europa. In der Hansestadt Wismar war schon am 2. Mai 1945 Schluss mit dem Wahnsinn. Von Südwesten, aus dem Raum Gadebusch, trafen an diesem Tag britisch-kanadische Truppen in Wismar ein und von Südosten, aus Richtung Bützow/Warin, rückte die Rote Armee auf Wismar vor. Bis zum heutigen Ortseingang Kritzowburg. Die Stadt wurde kampflos übergeben und führende Nazis hatten sich aus dem Staub gemacht oder wurden in Gewahrsam genommen. Am 07. Mai trafen sich der sowjetische Marschall Rokossoswki und der britische Feldmarschall Montgomery in Wismar. Wismar blieb noch einige Wochen in britisch-kanadischer Hand, bevor die Rote Armee die Stadt besetzte. Aber was hat das mit unseren Pilzen zu tun? Ich wollte doch nicht mehr so oft in die große Politik ausschweifen, aber offensichtlich gelingt es mir nicht.

Mein Vater ist Mecklenburger und wurde in Demen, zwischen Sternberg und Crivitz, geboren. Er war im 2. Weltkrieg als Soldat der Wehrmacht an der Besetzung Frankreichs beteiligt. Meine Mutter stammt aus der Slowakei, aus dem Hauerland. Der Ort heißt heute Vricko und liegt in den Karpaten. Vor wenigen Jahren besuchten wir den Heimatort meiner Mutter, von dem sie bis ans Lebensende immer wieder erzählte. Sie hat es nicht mehr geschafft, ihr geliebtes Münichwies, wie der Ort zu deutschen Zeiten hieß, zu besuchen. Zum Ende des Krieges wurde die deutschstämmige Bevölkerung aus der Region vertrieben und viele strandeten in Mecklenburg oder in Süddeutschland. Wo und wann sie meinen Vater kennenlernte, kann ich nicht sagen. Es wurde zu den Kindern darüber nicht viel erzählt. Auf jeden Fall bin ich ein Produkt dieser Ehe und ohne die Verwerfungen des 2. Weltkrieges und dem deutschen Expansions – Größenwahn unter Adolf Hitler gäbe es mich ganz sicher nicht. Die Liebe zu den Pilzen liegt in der Nähe des Geburtsortes meines Vaters bei Demen. Gelbe Teppiche von Pfifferlingen und große, rote Täublinge zum Fußballspielen im Kleinkindesalter haben die Initialzündung für meine Leidenschaft zu diesen Organismen entfacht und mich nie wieder losgelassen. Sie zogen und ziehen sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Und da das so ist, hat sich daraus auch der Steinpilz – Wismar entwickelt. Ohne diesen verdammten 2. Weltkrieg würde es in Wismar sehr wahrscheinlich keine Pilzberatungsstelle mehr geben und auch dieser Internet – Auftritt hätte nie stattgefunden. Ich weiß nicht, ob man so denken darf. Obwohl, denken kann und darf man natürlich alles, aber ob es richtig ist, solche Zusammenhänge herzustellen und zu veröffentlichen, weiß ich nicht. Zuviel Leid ist mit dieser Katastrophe über die Menschheit gekommen. Aber dieses Datum und natürlich auch der 1. September des Jahres 1939 haben  zumindest indirekt eine große Bedeutung für mich.

Heute besuchte ich den Hexenring von Maipilzen (Calocybe gambosa), dem ich bereits vor 2 Wochen, während der Trockenheit, einen Besuch abstattete. Der Ring ist nicht ganz geschlossen, mehr ein dreiviertel Ring und etwas abschüssig zu einer feuchten Senke hin. Im feuchteren hatten sich diese mastigen Pilze nach dem Regen weiterentwickelt, im trockneren und sonnigerem Bereich war damals bereits alles vertrocknet. Nun schiebt in Kirschgröße eine 2. Generation nach. Foto am Standort: 08.05.2020 Insel Poel.

Sonnabend, der 9. Mai – Allmählich treten immer weitere Lockerungen im Zuge der Einschränkungen zur Bewältigung der Corona – Pandemie in Kraft. Allerdings ist das einzige, verlässliche dabei, dass das, was heute beschlossen ist, morgen schon wieder der Schnee von gestern sein kann. Ich verfolge die aktuelle Entwicklung täglich im Corona – Ticker von NDR – Info, um irgendwie am Ball zu bleiben.

So wie vielen Menschen, die ein kleines Gewerbe oder ähnliches betreiben, geht es inzwischen auch bei mir an die Substanz. Ein Antrag auf Unterstützung an die Ehrenamtsstiftung Mecklenburg – Vorpommerns hatte die Gemeinnützige Gesellschaft im April gestellt und dieser wurde abgelehnt. Seit Beginn der Maßnahmen, Mitte März, läuft auch im Steinpilz – Wismar so gut wie nichts mehr. Keine Ausstellung, obwohl wieder geöffnet, ist von Interesse, keine Beratungen, aber es wachsen ja ohnehin kaum Pilze. Einzig ab und an holt sich jemand ein Tütchen Trockenpilze für den Sonntagsbraten oder für den Gulasch. Das war`s dann auch schon. Kaum Einnahmen, bei laufenden Kosten. Fast alle Veranstaltungen musste ich in diesem Jahr bisher absagen und das geht zunächst auch noch so weiter. Aktuell gelten nur leicht erweiterte Kontaktbeschränkungen bis zum 5. Juni. Ich werde also weitere Termine auf meinem Veranstaltungskalender stornieren müssen. Bis auf die Mittwochsexkursionen, wo theoretisch eine weitere Person, außer meiner Wenigkeit, teilnehmen dürfte. Demnächst, so habe ich es gestern gelesen, können kleinere Veranstaltungen wieder erlaubt werden. Für jede dieser Veranstaltungen ist beim Gesundheitsamt ein Antrag auf Genehmigung zu stellen. Da werden sicher meine Pilzwanderungen das letzte sein, was in die Antragsbearbeitung gelangt, da eher belanglos. Aber belanglos sind diese sicher nicht, gibt es doch kaum etwas sinnvolleres und gesünderes, gerade auch im Hinblick auf die Infektionsgefahr, wie durch die Natur und unsere Wälder zu wandern.

Wie dem auch sei, unser Oberindianer, um mit den Worten von Udo Lindenberg zu Agieren, also der hauptamtliche Landespilzsachverständige von Mecklenburg – Vorpommern, Dr. med. Oliver Duty, ist Angestellter des Landes – Gesundheitsamtes, in dem alle offiziellen Pilzberater unseres Bundeslandes organisiert sind. Ein Anfrage, wie die öffentlichen  Pilzwanderungen zukünftig zu handhaben sind, habe ich gestern an ihn gerichtet. Es sollte wichtig sein, dass auch für uns von oberster Stelle eine einheitliche Richtlinie aufgestellt wird. Da die meisten Pilzberater nur sehr spontan im Herbst mal die eine oder andere pilzkundliche Sammelaktion starten, möchte zumindest ich, mit meiner durchorganisierten Veranstaltungstätigkeit, eine Richtschnur haben, wie es zumindest grundsätzlich in dieser Krise weitergehen kann. Gestern meldete sich die Pressestelle der Hansestadt Wismar bei mir, weil sie ihren Termin – Kalender der Situation anpassen muss und die öffentlichen Wanderungen und unsere Großpilzausstellung im Herbst auch dort gelistet sind. Auch hier habe ich zunächst bis zum 5. Juni absagen erteilt. Nun hoffe ich auf eine verbindliche Antwort vom Landesgesundheitsamt. Allerdings  ist Oliver nicht nur für die Pilzberatung zuständig, sondern sein Hauptaufgabenbereich ist die Krankenhaus – Hygiene und da dürften in dieser Zeit ganz andere Probleme im Vordergrund stehen.

Nun wird es wieder spannend, denn es zeigen sich die ersten Anzeichen unserer Orakel – Pilze, frische Schwefelporlinge (Laetiporus sulphureus). Hier an einer Robinie auf der Insel Poel, gestern fotografiert. Sollte es während ihrer ersten, diesjährigen Wachstumswelle im Frühling, viele von ihnen geben, können wir von einem eher durchwachsenen bis schlechten Pilzjahr 2020 ausgehen. Hoffen wir also, dass bis Mitte Juni nicht all zu viele „Hähnchenschnitzel für Vegetarier“ unsere Augen und Gaumen erfreuen.

Sonntag, 10. Mai – Heute stand eine Vereinsexkursion auf dem Programm. Die durfte natürlich nicht mit mehreren Pilzfreunden stattfinden, so dass ich am Nachmittag alleine diesen Termin absolvierte. Eine Ostseeküsten – Exkursion auf der Insel Poel. Von Schwarzer Busch in Richtung Gollwitz. Immer dem Küstenschutzwald entlang. Eigentlich gerade um diese Jahreszeit ein lohnendes Revier wegen guter Maipilz – Aussichten. Heute war diesbezüglich nichts zu machen. Der Regen hatte die Vegetation sehr üppig sprießen lassen, so dass es über weite Strecken sehr hoch verkrautet war. Auch die vielen, von den letzten Winterstürmen geworfenen Bäume, behinderten sehr. Es war schon ein ordentlicher Kraftakt, abseits des Wanderweges durch das Holz zu kommen. Ich bin einige Jahre nicht mehr auf dieser Ecke gewesen und es hat sich viel verändert. Der Küstenwanderweg ist eigentlich komplett gesperrt, wegen zu hoher Abbruchgefahr an der Steilküste. Und ich hatte richtig Mühe, die mir von vorjährigen Exkursionen bekannten Standorte von teils sehr ergiebigen Hexenringen von Maipilzen wieder zu finden. Außerdem war durch die lange Trockenheit auch kaum Hoffnung auf Erfolg. Frischpilze gibt es hier an sich im Frühling reichlich, nicht nur Maipilze. Heute war es allerdings sehr dürftig. Grünblättrige Schwefelköpfe gab es im Eichenpark Schwarzer Busch und im Küstenschutzwald drei Rehbraune Dachpilze, mir unbekannte Mürblinge und auch mal einen Tintling. Zudem gibt mir ein Porlingsfund Rätsel auf.

Vom Wetter her hatten wir heute auch an der Küste nochmal Glück. Die Kaltfront hatte sich verzögert, da von Süden die Warmluft noch einmal weit nach Norden verfrachtet wurde. Nun rückt sie aber nach Deutschland herein und wird nach dem Sommer – Feeling von heute für längere Zeit dafür sorgen, dass wir uns wieder warm anziehen können. Länger bleibt uns nun wohl die kalte Nordströmung erhalten. Mit ihr wird die kälteste Luft herangeführt, die zu dieser Jahreszeit überhaupt möglich ist. Nachtfröste gehören nun wieder zur Tagesordnung und Regen ist für uns Nordländer, bis auf einige Schauer, die sich in der Kaltluft bilden können, kein nennenswerter in Sicht. In der Mitte und im Süden von Deutschland kann es heute Nacht und morgen gebietsweise kräftig schütten, später vielleicht sogar Schneien!

Drei, schon etwas mitgenommene Rehbraune Dachpilze (Pluteus atricapillus) heute auf der Insel Poel. Da sie so mitgenommen waren, nahm ich sie natürlich auch nicht für unsere Ausstellung mit und für den Kochtopf waren sie erst recht nicht mehr zu gebrauchen, wie unschwer zu erkennen ist.

Montag, 11. Mai – Im Zuge der Kaltfront hat es in der vergangenen Nacht etwas geregnet. Die Mengen beliefen sich zwischen 1 und 3 l/qm. Nicht der Rede wert und der starke Nordwind, der den ganzen Tag über blies, hat alles gleich wieder abgetrocknet. Die arktische Polarluft hat sich nun durchgesetzt und wird sich sehr wahrscheinlich die ganze Woche über halten. Morgen soll in der Nordströmung ein kleines Feuchtegebiet eingelagert sein, so dass es bei uns in M-V und auch in Schleswig – Holstein einige Schauer geben kann. Prognostiziert werden im Mittel knapp 3 l/qm. Minimal 1 Liter bis höchstens 8 Liter sind möglich. Dazu weht weiterhin ein starker Wind. Auch das wird also nicht viel bringen und diese Luftmasse ist ohnehin nicht geeignet um unsere Pilze aus der Reserve zu locken. Trotzdem kann an geschützten Stellen noch der eine oder andere Maipilz oder Schild – Rötling das Licht der Welt erblicken. Mitte Mai können in der Regel auch die ersten Röhrlinge zu erwarten sein. Im wärmeren Südwesten sind zumindest die Flockenstieligen Hexen – Röhrlinge bereits gesichtet worden. Wer unbedingt auf eine frische Pilzmahlzeit aus ist, sollte seine bekannten Standorte vom Schwefelporling kontrollieren, denn hier setzt jetzt sein Frühlingswachstum ein.

Diese büschelig wachsenden Mürblinge habe ich gestern im nährstoffreichen Küstenschutzwald zwischen Schwarzer Busch und Gollwitz, auf der Insel Poel, gefunden und am Standort fotografiert.

An guter, bebilderter Fachliteratur zur Gattung Psathyrella steht mir nur das Pilzkompendium , Bd. 2 von Erhard Ludwig zur Verfügung. Das „nur“ soll nicht abwertend gemeint sein, denn dass was Erhard Ludwig zu Lebzeiten mit seinem mehrbändigen Pilzkompendium geschaffen hat, ist ein großer Schatz für die Mykologie und jedem Feldmykologen wärmstens zu empfehlen. Allerdings muss man etwas tiefer in den Geldbeutel greifen, denn es ist kein Pilzbuch für den normalen Speisepilzsammler, die deutlich preiswerter zu haben sind. Hier sind allerhand Mürblinge vorzüglich gezeichnet und ausführlich beschrieben. Vielleicht nicht alle Arten, aber zumindest doch ein umfangreicher Überblick über die wichtigsten Vertreter dieser schwierigen Gattung und ihrer Formenvielfalt. Eine Psathyrella ist mit etwas Erfahrung meist leicht zu erkennen, aber, bis auf die gängigen Arten, nicht einfach zu bestimmen. So habe ich mich ausführlich mit dem Fund beschäftigt und bin wieder zu der bereits im April im Prosekener Grund gefundenen Psathyrella pannucioides, dem Behangenen Büschel – Mürbling gekommen. Beim ähnlichen P. multipedata stimmen die Mikromerkmale nicht überein.

Hier die Pilze nochmal im „Steinpilz“ fotografiert. Sporen und Zystiden stützen meine Vermutung. Eine Mikroaufnahme ist im April – Tagebuch zu sehen.

Siehe auch hier:

Coprinopsis-pannucioides

Dienstag, 12. Mai – Heute ist der Gedenktag des heiligen Pankratius, eines frühchristlichen Märtyrers. Er ist Teil einer Reihe von heiligen Gedenktagen vom 11. – 15. Mai und gehört somit zu den Eisheiligen. In diesem Jahr nehmen es die Gestrengen Herrn und eine unterkühlte Dame sehr genau und halten sich an die ihnen zugedachte meteorologische Singularität. Zwar ist wohl die Regel der Eisheiligen auf eine mitteleuropäische Kälteperiode im Mittelalter zurückzuführen, aber auch heute kommt es bis Mitte Mai immer noch häufig zu Kälterückfällen mit Nachtfrostgefahr. Am 11. Mai gedenken wir dem Mamertus, Bischof von Vienne. Am 13. Mai Servatius, Bischof von Tongeren, am 14. Mai führen uns die Gedanken zum frühchristlichen Märtyrer Bonifatius und ganz zum Schluss, am 15. Mai, kommt dann noch ein Weibchen daher, die kalte Sophia, frühchristliche Märtyrerin und Mutter dreier geweihter Jungfrauen. So werden wir uns noch einige Tage an diese Herrschaften erinnern müssen, denn bis mindestens zum Wochenende haben sie unser Wetter noch fest im Griff. Erst im laufe der kommenden Woche sollten sich die Temperaturen allmählich erholen.

Der heilige Pankratius brachte uns heute wie erwartet einige kurze Schauer und auch Graupel – Gewitter, aber mengenmäßig nicht der Rede wert. Auch in den nächsten Tagen bleiben wir in der nördlichen Anströmung, wobei uns ein Skandinavien – Tief immer mal einige Schauer bescheren kann. So werden zumindest die Oberböden kurz mal angefeuchtet, aber richtiger, flächiger und ergiebiger Regen ist auch in den mittelfristigen Modelläufen für uns im Norden nicht auszumachen. Damit dürfte wohl allmählich feststehen, dass auch der Wonnemonat für uns Pilzfreunde sehr bescheiden ausfallen dürfte.

Für zarte Kleinarten, so wie diesem solitär – Tintling (Coprinus spec.), dürfte die Oberflächenfeuchtigkeit durchaus ausreichen. Für größeres bräuchten wir in absehbarer Zeit aber tiefergründigere Durchfeuchtung. Standortfoto am 10.05.2020 im Küstenschutzwald auf der Insel Poel.

Mittwoch, 13. Mai – Der heilige Servatius brachte uns heute in weiter sehr unterkühlter Luft zeitweise schauerartige Regenfälle. Vorübergehend regnete es in Wismar Bindfäden und das gerade zu der Tageszeit, als ich zu meiner Mittwochsexkursion aufbrechen wollte. Ein Blick in` s Regenradar zeigte weitere Schauergebiete, die durchziehen können. Da es kein Vergnügen ist, schon durchnässt im Exkursionsgebiet bei spätwinterlichen Temperaturen anzukommen, entschloss ich mich zu Büro – Arbeit im Info – Zentrum und werde die Exkursion morgen nachholen. Zwar wäre morgen ganztägig Sprechzeit, aber gegen Mittag hat sich zu hause der Schornsteinfeger angesagt. So werde ich im Anschluss die Mittwochsexkursion von heute nachholen und der Steinpilz – Wismar geschlossen sein. Aber es ist ohnehin nichts los. Seit Beginn der Corona Krise herrscht absolute Flaute. Allmählich wird es auch bei mir eng. Ein Hilfeantrag über die Gemeinnützige Gesellschaft Wismar an die Ehrenamtsstiftung wurde leider abgelehnt. Nun wurde mir doch noch angeraten, einen Antrag auf Soforthilfe für bedürftige Soloselbstständige zu stellen. So machte ich mich heute daran und habe einen Entwurf fertig, der noch von kompetenterer Seite begutachtet werden muss. Ich fürchte allerdings, auch dieser Versuch wird zum Scheitern verurteilt sein, da ich mit unserer eigenartigen, einmaligen und ungewöhnlichen Pilzberatungsstelle in keine gängige Schublade passe. So wird es immer fraglicher, ob der Steinpilz – Wismar dieses Jahr überstehen wird.

Wie dem auch sei, so hatte die unfreiwillige Regenpause auch ihr Gutes und gut ist der Regen sowieso. Es waren zwar keine großen Mengen, aber immerhin. Während im schon lange warmen Südwesten Deutschlands die ersten Sommerpilze wie Flockenstielige Hexen – Röhrlinge, Perlpilze und selbst Sommersteinpilze durchstarten, würden wir uns freuen, wenn wenigstens die Maipilze noch ein wenig in Schwung kommen könnten.

Maipilze (Calocybe gambosa) am 08.05.2020 am Standort fotografiert.

Donnerstag, 14. Mai – Am Vormittag öffnete ich doch noch unser Info – Zentrum um die nötigsten Tages – Formalitäten zu erledigen. Mittags ging es nach Hause und der Schornsteinfeger ließ zum Glück nicht lange auf sich warten. Danach startete ich in das Naturschutzgebiet Warnow – Durchruchstal bei Karnin. Es gehört zum 1. Quadranten im Messtischblatt 2335 = Langen Brütz. Ich holte somit meine gestrige Mittwochsexkursion nach, die wegen des regnerischen und kalten Wetters am Vortag ausgefallen war. Der heilige Bonifatius zeigte sich heute deutlich versöhnlicher. Es war zwar weiter außerordentlich frisch, aber besonders am Nachmittag zunehmend sonnig. Da das Warnowtal bei Karnin teils tief in die umgebende Landschaft eingeschnitten ist, war von den kühlen Verhältnissen drumherum hier nicht viel zu spüren. Die Sonne heizte kräftig rein und ich hatte ideales Exkursionswetter in einer außerordentlich schönen Landschaft. Wirklich ein Geheimtipp für Naturliebhaber, einfach phantastisch. Das in eine Grundmöränenlandschaft eingebettete Warnowtal, mit Buchen bestandenen Steilhängen, wechselt mit Auwaldbereichen, Trockenhängen mit lockeren Weißdorn – Büschen und Feuchtwiesen sowie wertvollen Mooren, um dessen Erhalt sich der Biber kümmert. Teils sandigere Kiefern- und Ginsterheide. Der kleine Ort Karnin liegt im Talgrund und wenn es in Mecklenburg tatsächlich noch Orte geben sollte, in denen kaum Zivilisationslärm wahrzunehmen ist, dann ist es hier. Während das Warnow/Mildenitzdurchbruchstal bei Sternberger Burg sehr bekannt ist und von vielen Besuchern frequentiert wird, herrscht hier eine paradiesische Ruhe. Nun war ich natürlich auch zu einer Jahreszeit hier, wo die frisch erblühende und ergrünende Natur im strahlenden Sonnenschein kaum noch an Schönheit zu überbieten ist. Selten bin ich in einer so tollen Landschaft unterwegs gewesen. Die dortige Naturschutzstation bietet auch Übernachtungen an. Sowohl für Privatleute, Schulen, Naturwissenschaftliche Seminare und ähnlichem. Zu sehr günstigen Konditionen! Ich werde Tuchfühlung aufnehmen und vielleicht könnte es bald ein Ort für unsere Pilzseminare sein. Im Frühling, weil viele Morchel – Reviere von hier aus in Reichweite sind und im Herbst sowieso, da es ohnehin überall Pilze gibt und hier sicher auch ganz tolle Arten vorkommen. 

Das NSG Warnowdurchbruchstal bei Karnin am 14.05.2020.

Vom gestrigen Regen war hier allerdings nichts nennenswertes angekommen. Es war oberflächlich recht trocken und Frischpilze hielten sich erwartungsgemäß sehr zurück. Aber die so zahlreichen Weissdörner in diesem Gebiet sollten gerade um diese Zeit nicht außeracht gelassen werden. Es hatte ja vor geraumer Zeit auch hier etwas ergiebiger geregnet, so dass trotz oberflächlicher Trockenheit hier was möglich sein sollte. Bei gezielter Nachsuche wurde ich auch fündig.

Weißdorngebüsche, Schlehenhecken oder Obstbäume sind Mitte Mai eine lohnende Adresse für einen der schmackhaftesten Speisepilze des Frühlings, des Schild – Rötlings (Entoloma clypeatum). Sein zarter Mehlgeruch ist nicht so aufdringlich wie der des Maipilzes und achtet man auf Standort und Jahreszeit, ist er höchstens mit dem ebenfalls essbaren und am selben Standort, zur selben Zeit vorkommenden Blassen Pflaumen – Rötling zu verwechseln. Standortfoto am 14.05.2020 im Warnowtal bei Karnin.

Freitag, 15. Mai – Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön, dass fast alle Mitglieder in der Gruppe der Pilzfreunde innerhalb der Gemeinnützigen Gesellschaft Wismar e.V. ihren Jahresbeitrag für 2020 eingezahlt haben und ein ganz besonderes Dankeschön für einige zusätzliche Spenden, die wir im noch jungen Jahr erhalten haben. Die Corona – Krise wird auch für den Steinpilz – Wismar zur Herausforderung. Die Vereinsbeiträge und Spenden dienen als kleine Rückendeckung und werden beispielsweise für nötige Ausgaben verwendet. So hat mein alter Kopierer den Geist aufgegeben und am Montag kommt ein neues Multifunktionsgerät. Die Hauptuntersuchung für meinen Dienstroller steht jetzt im Mai an, die Kosten übernimmt die Gemeinnützige Gesellschaft. Auch die jährlichen Versicherungskosten werden von den Vereinsbeiträgen und Spenden finanziert. Das Mykologische Informationszentrum mit den dazugehörigen, laufenden Kosten, muss ich als Hartz IV – Auftstocker selbst tragen. Das sind mindestens 500.00 € monatlich. Seit dem 11. März habe ich 61.00  € eingenommen!!! Alles musste abgesagt werden. Wäre da nicht noch ein Fischereischeinlehrgang, der aber zur Zeit ebenfalls unterbrochen ist, und einiges an Kleingeld, welches ich über die Jahre von Eintrittsgeldern oder Imbiss – Geschäften in Sparbüchsen gesammelt habe, hätte ich schon jetzt meine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen können. Ein Antrag über finanzielle Hilfe bei der Ehrenamtsstiftung, gestellt durch die Gemeinnützige Gesellschaft, wurde abgelehnt. Nun habe ich heute noch als Nachzügler einen Antrag auf Soforthilfe an das Landesförderinstitut Mecklenburg – Vorpommerns gestellt, in der Hoffnung, hier etwas unbürokratische Unterstützung zu erhalten. Ich fürchte allerdings, dass auch dieses Gesuch abschlägig beschieden werden wird, da ich seit Jahren durch ALG II – Bezüge dem Staat auf der Tasche liege.

Noch kurz zum Wetter: die kalte Sophia ist der/die letzte Eisheilige in diesem Jahr. Wolkenverhangen und sehr kühl zeigte sie sich in Mecklenburg. Nun dürfte es endlich aufwärts gehen, sollte man meinen. Aber die Großwetterlage will davon bei uns im Nordosten nicht viel wissen. Während es in den nächsten Tagen in der Südwesthälfte Deutschlands wieder deutlich wärmer werden dürfte, werden wir wohl kaum die 20 Grad erreichen. Die Wettermodelle sind sich derzeit über die mittelfristige Wetterentwicklung noch nicht so richtig einig, aber für uns im Nordosten sieht es wohl auch für längere Zeit eher kühl aus. Regen ist zwar in M-V in den nächsten Tagen immer mal ein wenig möglich, allerdings keine ergiebigen Mengen. Aber immerhin, in anderen Regionen, so in der Mitte Deutschlands, sieht es noch weitaus trockener aus.

Hier noch einmal die Schild – Rötlinge (Entoloma clypeatum) von gestern im Warnowtal bei Karnin. Ihr rötliches Sporenpulver ist ansatzweise auf einigen Hüten und Stielen sichtbar. Gut zu sehen ist auch, dass sie zu den Faserblätterpilzen gehören. Die schmackhaften Frühlingspilze sollten aber ausreichend erhitzt werden, da sie roh giftig sind!

Sonnabend, 16. Mai – Heute Mittag um 12.00 Uhr wurde der Mai geteilt. Wir haben also Halbzeit des Wonnemonats. Eine Wonne war er zumindest bei uns im Nordosten bisher kaum. Weder von den Temperaturen, noch vom Pilzaufkommen her. Die Trockenheit hat sich zwar etwas entspannt, aber größeres ist bei uns zunächst nicht zu erwarten. Für erste Sommerpilze, wie einige, frühe Röhrlinge, dürfte es im wesentlich zu kalt sein und für die wichtigsten Frühlingspilze sieht es auch nicht rosig aus. Allerdings scheinen die zurückliegenden Regenfälle zumindest örtlich ihre Wirkung zu entfalten. So wurden mir heute in der Pilzberatung sehr schöne und frische Maipilze vorgelegt. Sicher werden nicht alle Mycelien Fruchtkörper hervorbringen, aber zumindest an begünstigten Standorten sollte man jetzt fündig werden können. Auch scheint nun nach Wochen der Stagnation wieder etwas Bewegung bei den Menschen aufzukommen. So hatte ich heute neben der Pilzberatung erstmals einige Interessenten, die sich die Pilzausstellung anschauten.

Hier einmal ein überaus häufiger Saprophyt an totem Laubholz. Der Striegelige Schichtpilz (Stereum hirsutum). Standortfoto im Warnowtal bei Karnin am 14.05.2020. Striegelig, filzige Oberfläche und im Kontrast dazu die schön orangefarbige Unterseite.

Sonntag, 17. Mai – Heute bin ich mit Irena nochmal in das Warnowtal bei Karnin gefahren. Wir schauten uns das Gelände der Naturschutzstation an und den interessanten Bereich an den Warnowbrücken, wo früher auch eine Wassermühle stand. Das weitläufige Gelände der Naturschutzstation ist bestens für unsere, möglichen Pilzwochenenden in Mecklenburg geeignet. Es gibt 25 Schlafplätze, in beschränkter Zahl können Wohnmobile oder auch Zelte Platz finden. Ein Parkplatz im Innengelände ist vorhanden und auch Sitzecken mit Feuerstelle. Eine Küche kann genutzt werden, allerdings mit Selbstverpflegung. Das würde zumindest Frühstück und Abendbrot in Eigenregie bedeuten. Zum Mittag könnte man in eine Gaststätte mit Vorbestellung im nahen Kleefeld einkehren. Aber das alles ist Zukunftsmusik und dürfte, wenn alles so klappt, so wie wir es uns vorstellen, frühestens im nächsten Jahr konkreter werden.

Im Anschluss fuhren wir in die Landeshauptstadt, um einige Plätze von Maipilzen zu kontrollieren. Das Unterfangen war durchaus von Erfolg gekrönt, aber keinesfalls in der Ergiebigkeit eines pilzreichen Frühlings. Längst nicht alle kontrollierten Mycelien waren besetzt, dafür aber ein etwas schattigeres Plätzchen im Gebüsch und am Grunde eines Abhanges. Hier füllte sich dann ein mittelgroßer Weidenkorb mit mehreren Kilo Inhalt dieses beliebten Frühlingspilzes.

Schließlich ging es noch in den Haushalt Forst zwischen Zickhusen und Drispeth. Hier sollte am Vortag eine öffentliche Lehrwanderung hinführen, die wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona – Problematik leider ausfallen musste. Wir drehten eine kleine Info – Runde und dürfen vermelden, es ist uns wohl nicht all zu viel entgangen.

Dafür, dass an einigen Plätzen absolut nichts zu sehen war, konnten wir an erwähnter Stelle um so schönere Maipilze (Calocybe gambosa) einsammeln. Dick, schwer und mastig. Die jüngsten von ihnen schoben wie junge Steinpilze aus der Laubstreu. 17.05.2020 in Schwerin.

Montag, 18. Mai – Die Eisheiligen sind nun endgültig Geschichte. Die Luft ist milder und feuchter geworden und nächtliche Bodenfröste dürften wohl bis zum nächsten Herbst Geschichte sein. Allerdings tun sich die Temperaturen auch weiterhin schwer in Richtung sommerlich zu tendieren. Das gilt für den Nordosten, also ganz besonders auch für Meck – Pomm. Im Südwesten und Westen der Bundesrepublik kann hingegen in Richtung Herrentag sogar der Hochsommer mit knapp 30 Grad im Schatten anklopfen. Am Wochenende droht mit einer neuerlichen Kaltfront allerdings wieder ein Temperatur – Sturz. Dieser soll mit teils gewittrigen Regenfällen einher gehen. Große Wassermengen sind aber nicht zu erwarten. Immerhin ist es in unserem Einzugsgebiet nicht mehr ganz so knochentrocken, da es in letzter Zeit immermal etwas geregnet hat. Und dieses leicht wechselhafte Wetter mit einigen Schauern wird wohl auch im Verlauf erhalten bleiben. Möglicherweise bekommt der Sommer in Richtung Monatsende auch mal die Kurve bis zu uns an die Küste. Einige warme Tage und dann kräftige Regenfälle, könnten den ersten Röhrlingsschub hervorlocken. Insbesondere Sommersteinpilze haben bei uns ein enormes Nachholebedürfnis. Wenn die Witterung in den nächsten Wochen und Monaten mitspielen sollte, könnte diesbezüglich einiges zu erwarten sein. Aber derzeit sollte der Fokus noch auf Frühlingsarten wie Maipilze, Schild – Rötlinge oder Schwefelporlinge gerichtet werden, denn wie oben und unten zu sehen, kann das durchaus von Erfolg gekrönt sein.

Von diesem Schwefelporling (Laetiporus sulphureus) hatte sich schon jemand ein Scheibchen abgeschnitten. Ich fürchte, es war nicht mehr besonders gaumenfreundlich, da schon recht verfestigt. Geht man mit dem Messer durch die Konsolen, sollte das Schneidewerkzeug wie durch Butter durch den Pilz gleiten. Standortfoto am 17.05.2020 im Bauernbusch bei Langen Brütz.

Ein Stadt – Champignon (Agaricus bitorquis) zwängt sich durch eine Ritze der hier verlegten Gehwegsteine in der Wismarer Kanalstraße. Standortfoto am 19.05.2020.

Dienstag, 19. Mai – Allmählich wird es etwas vielfältiger in Bezug auf Frischpilze. So wurden mir heute in der Pilzberatung auch Blasse Pflaumen – Rötlinge und Anis – Champignons vorgelegt. Gefunden unter Weißdornhecken und im bewaldeten Küstenstreifen des Klützer Winkels. Insbesondere von den schmackhaften Champignons wurden etliche Exemplare gefunden. Heute Abend konnte ich dann auch Stadt – Champignons auf einem Bürgersteig in unmittelbarer Nähe zu meiner Yamaha – Werkstadt in der Wismarer Kanalstraße finden. Für mein Dienstfahrzeug war heute die Hauptuntersuchung fällig. Am Abend holte ich das Fahrzeug wieder ab und stollperte fast über die Pilze. Einige Champignons haben also zum ersten Schub in diesem Jahr angesetzt. In der Regel starten dann auch die Röhrlinge durch. Aber Durchstarten ist wohl nicht der richtige Ausdruck, da ich finde, es hätte im Vorfeld deutlich wärmer sein müssen. Nichtsdestotrotz wird sicherlich hier und da schon mal ein erster Hexen – Röhrling, Sommersteinpilz oder Fahler Röhrling das Licht der Welt erblicken. Eher halte ich aber erste Rotkappen und vieleicht auch Birkenpilze für möglich. Ich denke, diese Rauhfuß – Röhrlinge brauchen es nicht sonderlich warm und besonders Rotkappen kommen auch mit trockeneren Verhältnissen ganz gut zurecht. An Sonderstandorten, unter Kiefern, könnte vereinzelt auch ein Butterpilz möglich sein.

Vermutlich handelt es sich um den Weißen Anis – Champignon (Agaricus arvensis) der mir heute in der Pilzberatung von einem unserer Vereinsmitglieder vorgelegt wurde und den ich auf dem Hof der ABC Straße 21 fotografiert habe. Sehr guter Speisepilz.

Das Wetter bis Ende des Monats wird zwar nicht optimal sein, aber wenigstens bekommen wir ab und zu immer mal etwas Regen. Das nächste Nass ist für das kommende Wochenende berechnet. Das Global Euro (ECMWF) berechnete heute Abend für Wismar bis zum 2. Juni im Mittel 18 Liter. Minimal 4 Liter und maximal 50 Liter auf den Quadratmeter. Hoffen wir, dass wenigstens der errechnete Mittelwert so eintreten möge. Das wird dann nichts großes bewirken, aber immerhin die Möglichkeit aufrecht erhalten, das zumindest der eine oder andere Frischpilz seine Fühler ausstrecken sollte.

Und hier noch ein weiterer Stadt – Champignon (Agaricus bitorquis) aus der Kanalstraße. Er stand etwas günstiger am Rande des Bürgersteigs. Die massigen und festfleischigen Egerlinge sind in der Lage selbst Asphaltdecken aufzusprengen, sollte man ihren Standort damit versiegeln. Auch er ist ein ausgesprochen würziger Speisepilz, zumindest wenn er nicht, so wie hier, an belasteten Standorten fruktifiziert. 19.05.2020.

Mittwoch, 20. Mai – Die heutige Mittwochsexkursion fand im 2. Quadranten des Messtischblattes Langen Brütz statt. Dazu traf ich mich um 10.00 Uhr mit einem Pilzfreund und Vereinsmitglied aus Bützow am ehemaligen Cafe Naschwerk in Weberin. Von hier aus fuhren wir in die Ortschaft Kritzow. Bei angenehm sonnigem Wetter exkursierten wir durch die Kritzower Berge und dem integrierten Glasermoor. Das Gebiet gehört zum Naturpark Sternberger Seenland. Wir folgten den gut ausgeschilderten Wanderwegen und dem archäologischen Lehrpfad. Schautafeln vermitteln hier viel wissenswertes über Ökologie und früherer Nutzung des Areals. Bis auf zwei Mai – Schönköpfe konnten wir keine weiteren Frischpilze ausmachen. Ein Bericht folgt in Kürze.

Während derzeit die Küstennahen Gebiete etwas feuchter sind, ist es hier im Landesinneren schon wieder sehr trocken geworden. Aber Regennachschub ist ja in Sicht. Die Regenprognose hat sich für M-V sogar etwas gebessert und wir können bis nächste Woche Dienstag mit 15 – 20 Liter auf den Quadratmeter rechnen. So wie es derzeit aussieht, kann es auch mittelfristig bei uns im Nordosten immer wieder zu Regenfällen kommen. Die Südwesthälfte Deutschlands ist wohl weiterhin benachteiligt. Hier wird es  weiter deutlich wärmer sein als bei uns im unterkühlten Nordosten. Bis auf einige angenehm warme Ausreißer, dürfte sich bei uns, wie schon in den vergangenen Wochen, immer wieder Kaltluft durchsetzen. Fazit: zwar relativ feucht, aber leider unterkühlt.

Aber warum eigentlich in die Wälder ausschwärmen. Die imposanntesten Frischpilze konnte ich heute im Stadtgebiet am Standort fotografieren. Grauer Faltentintling (Coprinus atramentarius). Und wieder war es in den Kanal – Straße, wenige Meter von Yamaha – Tretow entfernt. Da ich seit Jahren mehrmals jährlich das Geschäft aufsuche, habe ich wohl ein wenig mit Sporeneintrag nachgeholfen, wie es mir scheint. Aber Spaß bei Seite. In Wismar hat es in der Summe und in den letzten Wochen mehr geregnet als beispielsweise in meinem heutigen Exkursionsgebiet.

Donnerstag, 21. Mai (Christi Himmelfahrt) – Gestern Abend habe ich mir bei Fahrrad – Wulf, sozusagen in der Nachbarschaft vom Steinpilz – Wismar, in der ABC Straße, zwei Fahrräder ausgeliehen. Eine Radtour von Wismar bis zum Leuchtturm Bastorf bei Kühlungsborn stand auf dem Programm. So starteten Sohn Jonas und meine Wenigkeit unseren Herrentags – Ausflug, in mütterlicher Begleitung von Irena (Auto), heute Vormittag bei bestem Ausflugswetter in Form einer Radtour auf dem Ostseeküsten – Fernradwanderweg von Wismar aus bis zum Salzhaf und der Kühlung. Schon lange habe ich nicht mehr auf einem Drahtesel gesessen und es war wohl auch kein Tourenrad, was ich für mich ausgesucht hatte. Jonas war da schon etwas besser ausgestattet und er ist natürlich auch jünger. In seinem Alter war ich ständig mit dem Fahrad unterwegs und in Übung. Aber immerhin, bis Rerik haben wir es geschaft. Die Strecke ist bis hier her noch recht moderat, aber in Richtung des Höhenzuges der Kühlung wurde sie dann doch für den ungeübten Radfahrer etwas zu anspruchsvoll. So fuhren wir bis zum höchstgelegenen Leuchtturm Deutschlands im Auto mit Irena weiter. Sie begleitete die Tour in ihrem Ford – Transit und bewirtete uns an mehreren Etappen mit Getränken und frisch gegrillter Thüringer Bratwurst. Pilze sahen wir auch, nähmlich Weiße Anis – Champignon auf einer Koppel in Höhe der Stover Holländermühle. Einen Stadt – Champignon in Rerik und herrlich frische Schwefelporlinge in Buschmühlen.

Aber es ist schon wieder sehr trocken geworden und Regen ist dringend geboten. Ab morgen soll er kommen! Nachmittags können von Westen her teils konvektiv durchsetzte Regenfälle aufziehen und auch am Wochende sollen in labil geschichteter Höhenkaltluft zahlreiche Schauer und Gewitter durchziehen. 10 – 20 l/qm sind aus heutiger Sicht recht verbreitet möglich.

Dieses Prachtstück eines Schwefelporlings (Laetiporus sulphureus) habe ich allerdings heute morgen in der Parkanlage am Seeblick in Wismar – Wendorf fotografiert. Er wuchs mit weiteren Exemplaren an einer alt bekannten Weide, die fast jährlich Erträge bringt. Von einem kleineren Fruchtkörper hatte sich schon jemand ein Hähnchenschnitzel für Vegetarier abgeschnitten. Er ist in diesem Entwicklungsstadium gerade richtig für die Küche. Standortfoto am 21.05.2020.

Freitag, 22. Mai – Die Wetterfronten von Tief Gudrun haben uns am frühen Abend von Westen her erreicht. Sie haben sich (Warmfront, Konvergenz und Kaltfront) nun zu einem einheitlichen Regengebiet zusammengeschlossen und ziehen in der ersten Nachthälfte als Landregen über Mecklenburg. Leider sind durch diese Vereinigung die konvektiven Hebungsprozesse abgeflacht, so dass der Regen ziemlich gleichmäßig vom Himmel fällt. So dürften auch die zu erwartenden Regenmengen recht verbreitet ähnlich sein und Starkregenereignisse an der Front unwahrscheinlich werden. Diesbezüglich könnte die nachfolgende Höhenkaltluft am Sonnabend und Sonntag zumindest örtlich noch einige Akzente setzen. Das Global Euro HD (ECMWF) Modell rechnet in der Mittelfrist für Wismar bis zum 05. Juni mit 38 Litern auf den Quadratmeter. Das ist der heute Abend errechnete Mittelwert. Im Minimum sind allerdings bis dahin auch nur 12 Liter möglich, während das Maximum immerhin auf 81 Liter für diesen Zeitraum hochrechnet. Der Mittelwert ist der Realistischere und damit währen wir wirklich gut bedient.

Auf jeden Fall gibt es an diesem Wochenende wieder Wasser von oben und das kommt dem  Frischpilzaufkommen auf jeden Fall zu gute. Vor allem den noch vorhandenen Maipilzen und wenigen, anderen Arten, die an begünstigen Stellen noch in den Startlöchern stecken könnten. Auf jeden Fall wird es aber vorübergehend eine kleine Delle geben. Sprich, die in den letzten Tagen vereinzelt aufgetretenen Champignons dürften vorübergehend abflauen, um möglicherweise in 10 – 12 Tagen wieder häufiger zu werden.

Diese Weißen Anis – Champignons (Agaricus arvensis) habe ich gestern während unseres Herrentags – Ausfluges am Rande einer Koppel bei Stove gefunden und fotografiert. Die schuppig aufgesprungene Huthaut ist der trockenen Witterung geschuldet. Ich glaube kaum, dass es sich um den Rissigschuppigen Anis – Champignon handelt. Standortfoto am 21.05.2020.

Sonnabend, 23. Mai – Heute war ich nicht im Gelände. Am Vormittag stand Einkaufen auf dem Programm. Unter anderem brauchte ich eine neue Exkursionstasche, da die Alte allmählich ihren Geist aufgab. Nähte waren teils offen und auch die Reißverschlüsse waren aus dem Takt geraten. So musste eine neue Umhängetasche mit mehreren Fächern her. Platz für Notizbüchlein, Messer, Lupe, Handy und Kompaktkamera, Frischhaltedosen, Getränke und Fächer für Beutel und Schreibhefter. Danach öffnete ich das Info – Zentrum, in dem es immer etwas zu tun gibt.

Im Postkasten fand ich eine aktuelle E – Mail aus dem Wald vor, nämlich von unserem Vereinsmitglied Andreas Herchenbach. Er konnte bezüglich Maipilze im großherzoglichen Forst Moidentin fündig werden. Da morgen bei ihm Feiertag ist, gibt es sicherlich ein zünftiges, selbst gesammeltes Pilzgericht.

Während wir uns noch mit Maipilzen und Schwefelporlingen sowie einigen Champignons beglücken müssen, wurden im wärmeren Baden – Württemberg bereits die ersten schönen Pfifferlinge geerntet. Dazu auch den einen oder anderen Hexenröhrling, Frauen – Täubling oder sogar Sommersteinpilz. Obwohl das dort eingestellte Foto (Pilz – Ticker) des Boletus reticulatus bei mir Zweifel hervorruft. Ich halte das sehr kompakte, dunkelhütige Exemplar mit dem rotbräunlich gefärbtem, bauchigen Stiel für einen Kiefern – Steinpilz. Der kommt durchaus auch schon im Mai vor, auch bei uns! Allerdings lassen in diesem Jahr die Temperaturen in unseren Breiten wirklich zu wünschen übrig. Richtiges Sommerwetter ist für uns im Nordosten auch weiterhin nicht auszumachen. Auch die aktuellen Regenfälle waren bisher sehr dürftig. Wesentlich weniger, wie ursprünglich berechnet wurde. Da haben die örtlich auch etwas kräftigeren Schauer und Gewitter des Tages und jetzt am Abend auch kaum Entspannung gebracht. Nur sehr punktuell dürfte eine nennenswerte Literzahl dabei gewesen sein. Auch hat sich die Mittelfristprognose des ECMWF – Modells im Vergleich zu gestern verringert. So dürfen wir im Mittel bis zum 06. Juni noch mit 22 Litern rechnen. Im Minimum aber nur 5 , im Maximum immerhin noch 52 l/qm.

Hier sehen wir ein ausgereiftes Exemplar des Stadt – Champignons (Agaricus bitorquis), am Herrentag in Rerik fotografiert.

Ist das nicht ein Gedicht! Pünktlich zu seinem heutigen Geburtstag fand unser Pilzfreund Andreas Herchenbach gestern eine schöne Stelle mit Maipilzen. So gab es zu seinem heutigen Ehrentag eine leckere, frühlingsfrische Maipilzpfanne. Der Steinpilz – Wismar wünscht guten Appetit und alles gute für`s neue Lebensjahr!

Sonntag, 24. Mai – Heute standen Schwefelporlinge auf dem Programm. Ich holte die an Christi Himmelfahrt entdeckten und noch meist zarten und frischen Exemplare vom Wismarer Seeblick und aus dem Hellbachtal. Der größte Teil von ihnen wird morgen in Scheiben geschnitten und maximal in Schnitzelgröße blanchiert und nach dem Abkühlen eingefroren. Lange habe ich diese Delikatessen nicht mehr im Gefrierschrank gehabt, um sie an unseren, leider nicht mehr so oft vorkommenden Imbisstagen, unter die hungrigen Leute zu bringen. Als Hähnchenschnitzel für Vegetarier waren sie eine Zeit lang sehr beliebt an unserem Imbissstand. Sie können beispielsweise paniert und gewürzt oder auch so gebraten werden. Wirklich ein schmackhafter und sogar nahrhafter Fleischersatz. Klassisches Pilzaroma darf dabei nicht erwartet werden, eher glaubt man ein Geflügelsteak zu essen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass nicht zu sehr verfestigte Bereiche des Frischpilzes verwendet werden, die wir bei etwas reiferen Fruchtkörpern oder zur Auswuchsstelle zum Substratholz hin finden. Das Messer sollte ohne größere Widerstände durch das frische Pilzfleisch gleiten. Dabei ist des weiteren darauf zu achten, dass keine Fremdkörper mit eingewachsen sind. Der sich entwickelnde Fruchtkörper verdrängt Hindernisse nämlich nicht, sondern umwächst diese und schließt sie mit ein. Das war auch heute mehrmals zu beobachten. Gräser, Baumtriebe oder auch Baumrinde wurden mit eingeschlossen. Fruchtkörper, die zu viel dieser Fremdkörper integriert haben oder schon zu verfestigt sind, wandern auf die Ausstellung.

Am Donnerstag waren die Pilze fast noch zu schade und zu jung zum ernten. Heute hatten sie genau das richtige Stadium erreicht. Noch zart und saftig, aber auch gleich Schnitzelgerecht ausgebildet. Standortfoto am 24.05.2020 im Hellbachtal.

Zum Wetter: Tief Gudrun konnte bei uns nicht überzeugen. Note unbefriedigend! Gudrun hat auf die Fläche wesentlich weniger Regen gebracht, als erwartet wurde. Vielfach war es nicht der Rede wert. Hier einige Meßwerte für unser Einzugsgebiet: Kirchdorf/Poel: 5 l/qm, Schwerin: 7 l/qm und Goldberg: 10 l/qm. Das ist um diese Jahreszeit mit ihrer hohen Verdunstungsrate nur der so oft bemühte Tropfen auf den heißen Stein. Und der Stein ist noch nicht einmal heiß geworden. Seit April sitzen wir nordöstlich der Elbe fast immer auf der kalten Seite der Druckgebilde, während die Südwesthälfte der Bundesrepublik meist in sommerlich warmer Luft liegt. Und daran soll sich auch weiterhin kaum etwas ändern. Nur selten kommen wir auch mal an die 20 Grad heran, meist sind es um die 15, teilweise sogar noch darunter. Nördliche Anströmungen bleiben uns auch mittelfristig erhalten und damit ist meist auch kein ergiebiger Regen verbunden. Hohe Regensummen gibt es in der Regel, wenn Einschübe feuchtwarmer Luftmassen aus dem Mittelmeerraum bzw. den Subtropen heran geführt werden. Das ist aus heutiger Sicht bis Anfang Juni nahezu ausgeschlossen. Das ECMWF – Model rechnet im neuesten Trend bis zum 08. Juni im Mittel immerhin noch mit 20 Litern auf den Quadratmeter für Wismar. Im Minimum dürften es aber nur 2 Liter sein, wohingegen maximal auch 68 Liter in diesem Zeitfenster möglich wären. Damit hat sich letzterer Wert im Vergleich zu gestern deutlich erhöht, wo hingegen der Mittelwert etwas niederiger angesetzt wird.

Welch ein seltener Anblick am Himmel in unseren Breiten! Föhnfische sind eigentlich im Gebirge zu hause. Nur selten sind Föhnwolken auch mal im Flachland zu beobachten. Das kann bei speziellen Wetterlagen möglich sein, nämlich wenn eine straffe und hart nordwestliche Anströmung vom norwegischen Gebirge her vorliegt oder wenn unterschiedliche Höhenwinde vorherrschen. Das Foto habe ich am frühen Abend in Ostseenähe bei Pepelow am Salzhaff aufgenommen.

Die noch halbwegs zarten Anteile der gestern geernteten Schwefelporlinge wurden geputzt, portioniert und köcheln gerade auf dem Herd. Morgen werden sie eingefroren. Das ganze Info – Zentrum duftet nach Schwefelporling. Die schönsten Trauben aber bereichern unsere Ausstellung.

Montag, 25. Mai – Noch kurz zu den oben zu sehenden Lenticularis – Wolken. Diese hat natürlich nicht das norwegische Gebirge zu verantworten, sondern eine Windscherung in der Höhe. Der skandinavische Föhn kann zwar auch bis zu uns ausgreifen, aber nur in Form von Wolkenauflösung in einer straffen Nordwest – Anströmung in höhenkalter Luft, die außerhalb dieses Effekts, tritt er bei uns in Mecklenburg auf, westlich und auch östlich dieses Streifens häufig kräftige Kaltluftkonvektion mit entsprechend mehr oder weniger zahlreichen Schauern und Gewittern, beispielsweise in Nordwestdeutschland, zur Folge haben kann, während es bei uns schön und sonnig ist. Im Gebirge überströmt feuchte Luft die Berge, die auf der Leeseite absingt und abtrocknet. Oft mit stürmischen Winden und einem deutlichen Temperaturanstieg. Diese Wolken bleiben dann dort auch stationär, bis der Föhn zusammenbricht. Weitere Bezeichnungen lauten auch Leewellen oder Ufo` s.

Zum aktuellen Wetter: Heute war es für Ende Mai wieder sehr frisch und oft dicht bewölkt mit einigen Spritzern Regen am morgen. Auch in den nächsten 14 Tagen soll sich am unterkühlten Temperatur – Niveau bei uns im Nordosten nicht viel ändern. Nur an wenigen Tagen können wir mit Glück mal die 20 Grad erreichen, so vielleicht morgen. In der Südwesthälfte regiert meist sommerliches Wetter. Hier sind auch die Regenchancen am geringsten. Je weiter nach Osten, um so öfter kann es auch mal nass werden. Mecklenburg sitzt dabei zwischen den Stühlen. In der zweiten Wochenhälfte könnte jedenfalls  Ostdeutschland von einem Kaltlufttropfen erfasst werden und hier könnten dann gebietsweise kräftigere Schauer und Gewitter einiges an Regen bringen. Für Wismar haben sich diesbezüglich die möglichen Regenmengen bis zum 08. Juni im Mittel auf 12,5 l/qm verringert. Minimal ist bis dahin mit 1 Liter zu rechnen, maximal mit 46 l/qm.

Diese fast wie Keramik – Modelle aussehenden und makellosen Frühlings – Ackerlinge (Agrocybe praecox) fand heute Christian Ehmke auf Rindenmulch neben zahlreichen weiteren im Wismarer Stadtgebiet und brachte sie mir für die Ausstellung in den Steinpilz. Ich habe sie auf dem Hinterhof fotografiert. Die Pilze sind zwar durchaus essbar, zählen aber nicht zu den kulinarischen Höhepunkten.

In Scheiben geschnitten, gesäubert, blanchiert und in Gefriebeutel gefüllt, wanderten die vegetarischen Hähnchenschnitzel, bestehend aus frischen Schwefelporlingen, heute in den Gefrierschrank.

Dienstag, 26. Mai – Gestern war für mich Hexenpilztag. Das ist ein Datum aus meiner Jugend, an dem ich damals das erste mal einen Flockenstieligen Hexen – Röhrling so früh im Jahr fand. Bis heute ist es für mich der Stichtag, an dem ich zumindest einem stadtnahen Standort dieser von vielen verkannten, ja von einigen gefürchteten Dickröhrlingsart aufsuche. Gestern habe ich es nicht geschafft, da langer Tag im Laden und auch heute habe ich im Steinpilz – Wismar hinreichend zu tun gehabt. Die Bedingungen in diesem Frühling sind zumindest bei uns im Nordosten nicht gerade rosig und motivieren wenig, was die Hoffnung auf Erfolg anbelangt. Nicht die relative Trockenheit, nein, die schon den ganzen Frühling oft unterdurchschnittlichen Temperaturen machen wenig Hoffnung. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass man hier und da schon mal fündig werden könnte. Im Südwesten der Republik wachsen sie bereits seit Wochen. Außerdem ist für Anhänger der Mond – Theorie gerade ein günstiger Zeitraum, da wir zunehmenden Mond haben. Also sollten die beliebten Röhrlinge eigentlich einen ersten, organisierten Versuch wagen. In der Zeit von Mai – November achten einige Pilzfreunde auf die Mondphasen und  schwören darauf. Ich halte nicht viel davon. Für mich sind bekanntlich die Niederschlagsintervalle entscheidend. Und diesbezüglich sieht es nicht gut aus. Tief Gudrun hat uns enttäuscht und großer Regen ist weit und breit nicht in Sicht. Wir steuern auf das dritte Dürrejahr in Folge zu. Schon jetzt ist klar, das Frühjahr 2020 ist deutlich trockener ausgefallen, als in den beiden zurückliegenden Jahren, die sich bekanntlich zu extremen Dürrejahren entwickelten. Bisher sind in Deutschland auf den Quadratmeter Durchschnittlich 105 Liter gefallen. Im selben Zeitraum (März – Mai) des Jahres 2018 waren es 140 l/qm und im letzten Jahr immerhin schon 180 Liter! Zumindest hat der vergangene Herbst in unseren Breiten einiges ausgeglichen. Noch sieht die Landschaft bei uns zwar nicht vertrocknet aus, aber sobald die Temperaturen mal deutlicher in Richtung Sommer gehen, kann sich das sehr schnell ändern. Die Weltwetterorganisation WMO gab heute bekannt, dass auch im Jahre 2020 ein extremer Hitzesommer bevorstehen dürfte.

Hier noch die aktuellen, möglichen Niederschläge für die Hansestadt Wismar bis zum 09. Juni vom ECMWF – Modell: Bis fast zum Ende der ersten Juni – Dekade, bis zum 09.06., können im Mittel 15,6 l/qm fallen. Minimal 0,2 l/qm oder im günstigsten Fall 67,8 Liter. Sehr optimistisch, aber immerhin hat sich der Mittelwert im Vergleich zu gestern etwas erhöht.  

Noch ist er eine kleine Sichel am Himmel, zumindest gestern Abend. Am 05. Juni soll der Mond voll sein. Bis dahin sollen die ersten der beliebten Röhrlinge durchstarten. Warten wir es ab!

Ein Hagelgewitter am Sonnabend Abend hat im Hohen Holz insbesondere viele Blätter von Roteichen aus den Baumkronen gehauen.

Mittwoch, 27. Mai – Am 04. April 2018 war ich anlässlich meiner Mittwochsexkursionen schon einmal im Hohen Holz unterwegs. Es liegt in der Topographischen Karte 2335 = Langen Brütz. Damals auch im Frühling, aber doch zu einer ganz anderen Zeit. Der letzte Osterschnee lag noch an einigen Stellen, aber es war ein angenehm milder Frühlingstag. Heute war das Hohe Holz natürlich schon sommerlich und üppig begrünt und wir stehen am Übergang zum Frühsommer – Aspekt. Trotzdem ähnelt sich die Artenzusammensetzung, die ich heute notieren konnte. Holzpilze sind weiterhin dominant und nur vereinzelt wuchs hier und da mal etwas frisches. Auch hatte dieses Waldgebiet noch mit am meisten von Tief Gudrun profitieren können. Das hatte ich auch so erwartet b.z.w. angenommen an Hand des Radarbildes von Sonnabend Abend. Besonders im südlicheren Bereich von Mecklenburg zogen doch häufiger einige Schauer und Gewitter durch. Das heftigste von ihnen traf das Hohe Holz. Der scharf begrenzte Hagelkern war gut im Regenradar zu erkennen und auch entsprechend dem Exkursionsgebiet zuzuordnen. Auf der nahen Autobahn führten die plötzlichen Hagelansammlungen, wie so oft bei derartigen Extrem – Wettersituationen, zu einem Unfall. Im Wald waren die Reste der großen Pfützen noch auf den Waldwegen präsent und es hat auch reichlich Laub von den sich gerade begrünten Bäumen gehauen. Was mir auffiel, es waren vor allem die hier zahlreich stehenden Roteichen, die Federn lassen mussten. Ein kleiner Bericht folgt in Kürze.

Ein bereits länger am Wegesrand liegender Holzstapel hat sich als regelrechte Pilz – Oase entpuppt. Nicht nur Schichtpilze und Porlinge taten sich an ihm gütlich, auch Frischpilze wuchsen hier mehrfach. Auch dieser alte Rehbraune Dachpilz (Pluteus atricappilus), der noch für eine interessante, standörtliche Foto – Aufnahme tauglich war. 27.05.2020 im Hohen Holz.

Große, 40 – 70 Mikromilimeter lange und 8 – 14 breite und Schlanke Cheilo- und Pleurozystiden (Bildmitte) finden wir beim Bitteren – Zapfenrübling (Strobilurus tenacellus). Siehe großes Bild unten.

Donnerstag, 28. Mai – Kaum hat sich bei uns mal etwas angenehmer temperierte Luft durchgesetzt, wird diese sogleich wieder von der nächsten Kaltfront verdrängt. So geht das Spiel nun schon im großen und ganzen seit zwei Monaten. Zwar steigt naturgemäß das Temperatur – Niveau  an, aber allmählich könnte es endlich etwas sommerlicher werden. Derzeit ist wieder richtig kühle Luft eingeflossen und in der kommenden Nacht kann es tatsächlich stellenweise nochmals Bodenfrost geben. Und auch bis Pfingsten wird sich an den unterkühlten Verhältnissen nicht viel ändern. Ein Tag mal etwas angenehmer, der nächste schon wieder kühler. Erst ab Pfingstmontag kann es auch bei uns mal für einige Tage richtig sommerlich werden. Dann sind zumindest abseits der Strände mal die 25 Grad möglich, welche als Schwelle für einen Sommertag gelten. Aber auch dieser Sommervorstoß wird nicht von Dauer sein. Eine neue Kaltfront mit einem markanten Temperatursturz scheint sich von Norden her auf den Weg zu uns machen. Sie kündigt die nächste Kälteperiode, nämlich die Schafskälte an. Ob es so kommt, steht zwar noch auf wackligen Füßen, aber in den Wetterkarten für Profis auf Wetter – Online, die ich täglich durchlaufen lasse, wird es schon seit Tagen so gerechnet. Glaubt man dem Modellauf von heute Mittag, könnten bei uns im Nordosten im Zusammenhang mit reger Tiefdrucktätigkeit über Europa auch schnell wieder feuchtwarme Luft mit den kühlen Luftmassen aneinander geraten und reichlich Regen und Gewitter produzieren. In der akkumulierten Regensumme, die heute bei Kachelmann – Wetter zu sehen war, ist bis zum 07. Juni in Norddeutschland einiges an Regen zu erwarten. Insbesondere zwischen Bremen, Hamburg und Stralsund können bis dahin durchaus an die 40 Liter fallen. Für Wismar wird im ECMWF bis zum 12. Juni allerdings im Mittel nur mit 20,8 l/qm, im Minimum 0,8 l/qm und maximal mit 60,5 Litern gerechnet. Immerhin geben diese groben Tendenzen zumindest Hoffnung, dass sich keine all zu große Frühsommer – Dürre entwickeln möge. Zwei knochentrockene Sommer in Folge können wir uns nicht leisten!

Zapfenrüblinge vom Herbst bis zum Frühling unter Fichten sind eindeutig. Die beiden Nagelschwämme, die wir ab Frühling auf alten, im Waldboden verrottenden Kiefern – Zapfen finden, machen die Bestimmung im Feld nicht immer einfach. Deshalb musste ich heute das Mikroskop zu rate ziehen. Die langen, schlanken Zystiden (siehe kleines Bild oben), sind typisch für den Bitteren Nagelschwamm (Strobilurus tenacellus). Ansich koste ich gleich im Wald, so auch hier, aber die Bitterkeit war zu schwach, um mich zu überzeugen. Der Milde Zapfenrübling besitzt birnenförmige Zystiden. Standortfoto am 27.05.2020 im Hohen Holz. Würzpilz.

Freitag, 29. Mai – Am Sonntag endet der metereologische Frühling. Die Metereologen ziehen schon jetzt Bilanz. Es war der zweittrockenste Frühling der letzten 30 Jahre. Nur das Frühjahr 2011 war noch trockener. Von der Sonnenscheinbilanz war er der Sonnigste seit Messbeginn vor über 100 Jahren! Weiterhin scheint bemerkenswert, dass er mehr frostige Nächte zu bieten hatte, als der vergangene Winter! Trotz der vielen Sonne und der Trockenheit, sieht es bei uns in der Natur immerhin noch schön grün aus, und nicht so vertrocknet auf den Rasenflächen wie in den letzten beiden Jahren. Das liegt bei uns im Nordosten hauptsächlich daran, dass wir bisher kaum warme oder sogar heiße Tage hatten. 

Pilztechnisch hatte er leider bisher nicht viel zu bieten und das wird sich bis zum Ende des Frühlingsaspektes, Mitte Juni, auch nicht großartig ändern. Fans von Schwefelporlingen haben derzeit aber gute Karten. Sie wachsen recht reichlich und meist auch noch schön frisch. Ein schlechtes Zeichen für den Rest des Pilzjahres, denn, so haben wir es in Erinnerung, viele Schwefelporlinge im Frühling = schlechtes Pilzjahr! Betrachtet man die nun zu Ende gehenden ersten beiden Saison – Monate, trifft dieses bereits zu. Es gibt für diese These natürlich keine ernstzunehmende Begründung, es war allerdings schon oft so.

Der letzte Herbst war recht regenreich und konnte viele Kochtopfmykologen entschädigen. Der nun beginnende Sommer könnte, trotz des negativen Schwefelporlings – Orakels, aber einiges bieten, vorausgesetzt die Witterung ermöglicht es. Viele Sommerarten haben ein großes Nachholebedürfnis. Zu diesen Arten gehören viele Vertreter der Dickröhrlinge, allen voran die beliebten Sommersteinpilze und natürlich auch die Pfifferlinge. Für letztere wird es jetzt bereits eng. Ende Mai, Anfang Juni legen sie ihre erste Brut an. Dafür bedarf es aber reichlich Feuchtigkeit, die derzeit vielfach fehlt. Dazu muss es kontinuierlich Nachfolgeniederschläge geben. Am besten wäre diesbezüglich ein klatschnasser, kühler und somit verregneter Sommer. Pfiferlings – Fans würden in`s Schwärmen geraten. Liebhaber von Sommersteinpilzen könnten zwar auch fündig werden, aber der ganz große Reibach würde es eher nicht werden. Dafür bräuchten wir in den nächsten Wochen und Monaten am besten markante Hitzewellen im Wechsel mit starken Regenfällen. Am besten zwei/drei Wochen trockenes Hitzewetter und dann starke und ergiebige Regenfälle und danach einige Zeit moderates Wetter, damit sich die Schübe optimal entwickeln könnten. Hier wären dann maximal bis zu 4 Wachstumsschübe bis Ende September möglich. Aber das ist natürlich Wunschdenken. Die Realität wird anders aussehen, ich hoffe aber nicht so wie in den beiden vergangenen Jahren.

Ob es im laufe der nächsten Woche feuchter wird, steht noch nicht fest. Auch die Kaltfront könnte sich verzögern. Wetter – Online simmulierte für Donnerstag und Freitag reichlich Regen und Gewitter für unsere Einzugsgebiete. Signifikante Mittelfristmodelle, die heute bei Kachelmann – Wetter gezeigt wurden, wollten von Regen und Gewittern nichts wissen. Die sollen über Frankreich bleiben. Es ist also in punkto ergiebigerem Niederschlag Anfang Juni noch alles offen. Hier die Prognose des ECMWF für Wismar bis zum 12. Juni. Im Mittel wird bis dahin mit 20,2 l/qm, im Minimum mit 0,3 l/qm und maximal mit 60,7 Litern gerechnet. Damit hat sich im Vergleich zu den gestern berechneten Werten kaum etwas geändert.

Einige, wenige Maipilze (Calocybe gambosa) konnte ich am Mittwoch auch im Hohen Holz finden. Ihre Zeit läuft nun allmählich aus und wir müssen unsere Hoffnungen bezüglich Speisepilze in Richtung Sommer lenken.

Sonnabend, 30. Mai – Bis gegen 19.00 Uhr ist die Welt noch nicht untergegangen, wie es so schön in einem alten Karnevalsschlager lautet. „Am 30. Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht mehr lang“. Nur fehlt in dem Lied das Jahr, in dem es soweit sein soll. Aber Spaß beiseite, wenn auch noch nicht ganz. Unser treuer Tagebuchleser Peter Hildebrandt aus dem mitteldeutschen Raum schrieb mir eine Mail und nahm darin auch kurz Stellung zur These „Viele Schwefelporlinge im Frühling = schlechtes Pilzjahr“ und sah es doch als ein wenig gewagt an, in diese Richtung zu Orakeln. Da gebe ich ihm völlig recht und das habe ich auch immer betont, es gibt keinen vernünftigen Grund oder Zusammenhang diesbezüglich. Es fiel mir nur vor vielen Jahren einmal auf, dass auf vielen Schwefelporlingen im Frühling ein eher bescheidenes oder gar schlechtes Pilzjahr folgte. Ich hatte eigentlich mit dem Gegenteil gerechnet, da es ja mit diesen imposanten Pilzen schon mal ganz gut losging. Es folgten oft trockene Monate, so dass zwangsläufig nicht viel zu holen war. Auch die Prophezeiungen einiger Experten bezüglich einem neuem Dürresommer waren Gegenstand seiner Mail. Auch hier sei gesagt, dass solche Ankündigungen meist Scharlatanerie sind und in erster Linie Schlagzeilen verursachen und die Menschen verunsichern sollen, so sieht es auch Peter. In diesem Fall war es aber eine seriöse Institution (WMO) und nicht irgendein Gartenzausel, der sich irgendwelche Knospen oder anderes Gemüse anschaut um darauf Rückschlüsse für heiße Sommer oder kalte Winter zu schließen. Fakt ist jedoch der Klimawandel und der ist nicht zu leugnen. Zwangsläufig werden die Sommer bei uns immer trockener und heißer, auch wenn durchaus  mal eine kühlere und nassere Variante möglich ist und sicher auch in Zukunft dabei sein wird. Vor einigen Wochen habe ich außerdem gelesen, dass die längerfristigen Berechnungen weltweiter Daten dieses Szenario eher nicht anbieten. Also zumindest kein Dürresommer in Deutschland. Aber auch hier ist ein großer Anteil Kaffeesatz – Leserei. Gerade aktuell erweist sich nämlich die Vorhersage der kommenden Tage als äußerst schwierig, wie ich gestern schon andeutete. Bis Mittwoch scheint der Witterungsverlauf einigermaßen eingetütet, aber ab Donnerstag ist alles offen. So ist die angekündigte Kaltfront mit einem deutlichen Temperatursturz weiterhin möglich, aber genauso gut kann es völlig anders kommen. Nähmlich kein Tief über Skandinavien und hoher Luftdruck über den britischen Inseln, sondern ein Tief über der Biskaya oder Spanien, dass dann weiterhin feuchtwarme Sommerluft zu uns pumpen könnte. Nach derzeitigem Stand sind bei Sommerwärme in Mecklenburg schon am Mittwoch erste Wärmegewitter möglich. Die mittelfristigen Modelläufe für Profis simulierten heute ab der kommenden Woche überwiegend Tiefdruckeinfluss über Mitteleuropa. Hier würden die kühleren und die feuchtwarmen Luftmassen über unseren Köpfen verrührt und immer wieder Regenfälle und Gewitter auslösen. Eine Variante, die uns sehr entgegen kommen würde und für` s erste den Dürresommer fernhalten könnte.

Peter Hildebrandt sandte mir auch einige Fotos zu. Neben Orchideen auch dieses mit einigen Grauweißen Rippenlorcheln (Helvella costifera) in einem Lindenwald gefunden und fotografiert. Er hat die Art bereits vor längerer Zeit hier entdeckt und die Pilze blieben jahrelang aus. In diesem Jahr gibt es hier einen beeindruckenden Massen – Aspekt. Tolle und seltene Art. In MV sind die Schlauchpilze erst fünf mal nachgewiesen. Beispielsweise auch 2013 von Raritätenjäger Andreas Okrent im Wismarer Lindengarten und im Juni 2017 von Ostseepilz Christian Ehmke im Schweriner Schlossgarten.

Pfingstsonntag, 31. Mai – Heute endet bereits der 2. Monat der Pilzsaison 2020. Was soll man dazu noch schreiben – äußerst bescheiden und weit unter dem Durchschnitt eines normalen Pilzfrühlings. Einzig die Schwefelporlinge konnten bisher überzeugen, alles andere ließ sehr zu wünschen übrig und vieles, was durchaus schon den Frühling bereichern und vielfältiger hätte gestalten können, ließ sich garnicht erst blicken. Bleibt zu hoffen, dass die restlichen, immerhin noch 6 Monate, in eine andere Richtung tendieren.

Heute Abend war ich mit Irena noch kurz zu einem kleinen Rundgang im Sülterner Forst unterwegs. Wir besuchten ein Areal, in dem normalerweise zu dieser Jahreszeit schon mal eine Birken – Rotkappe (oder auch mehrere) zu finden sind. Fehlanzeige und nicht der kleinste Frischpilz. Der Wald ist trocken, Regen muss her!

Am Wochenende hat Irena im Wald am Keezer See sonderbares entdeckt. Hier wurden im letzten Winter zahlreiche Bäume gefällt. Das Gebilde am Grunde dieses Hohlraumes gibt uns Rätsel auf.

Das mysteriöse Objekt von oben.

Die Unterseite des aufliegenden Hutes mit offensichtlichem Stielansatz. Hart wie Holz.

Der festsitzende Abdruck, ebenfalls völlig verholzt, glatt und hart. Was sollte es anderes sein, als ein mumifiziertes Relikt eines Pilzfruchtkörpers? Holzart? Esche oder Eiche, aber wohl eher ersteres. Der Pilz ist zu Lebzeiten des Baumes im schon hohlen Stamm gewachsen und das vielleicht unter Luftabschluss. Man könnte das Gebilde auch für ein Fossil halten, wäre es am Strand der Ostsee gefunden worden.

Mit diesem Rätsel aus der geheimnisvollen Welt der Großpilze möchte ich das Mai – Tagebuch 2020 schließen.

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