Wetter und Pilzwachstum in Mecklenburg
Freitag, 01. November (Allerheiligen) – Heute ging es zum CT. Keine guten Befunde für mich! Die Geschichte vom Steinpilz – Wismar scheint dem Ende entgegen zu gehen. Genauso wie meine Lebenszeit sich ihrem Finale nähert. Am Montag soll noch eine Probe vom Tumor entnommen werden, um eine mögliche Therapie einzuleiten. Sicher eine Chemo.
Sonnabend, 2. November (Allerseelen) – Nun ist Wochenende und in der Klinik läuft alles auf Sparflamme. Eigentlich hätte ich heute eine öffentliche Wanderung durch das Eichholz bei Crivitz führen sollen. Dank unserer Catrin und Phillip Buchfink brauchte die Veranstaltung nicht ausfallen. Sie erklärten sich bereit die Führung zu übernehmen. Immerhin fanden sich 35 Pilzfreundinnen und Freunde dazu ein. Überwiegend Laubwald und es gab einen großen Pilzreichtum, so dass die beiden alle Hände voll zu tun hatten. Vielen Dank für die Vertretung! Ich drehte unterdessen rund um die Klinik bei sehr schönem, sonnigem, klarem, aber kühlem Wetter eine Runde. Bezüglich Frischpilze herrschte auch hier kein Mangel.
Sonntag, 03. November – Den noch sonnigen Vormittag nutzte ich wieder um an frischer Luft mir mit unserem Pilzfreund Christian die Beine zu vertreten. Auch heute fanden wir wieder eine Reihe von Frischpilzen. Die leicht frostige Nacht hatte ihnen kaum etwas anhaben können. Am Nachmittag zog es sich zu und der kleine Streifschuss von Polarluft wird wieder von milderen Luftmassen überlaufen. Ich hatte inzwischen mein Laptop ins Krankenhaus geholt, um die letzten Tagebucheinträge, wenn auch nur in Kurzform, nachzuholen.
Montag, 04. November – Heute morgen ging es für mich in die Untersuchung. Es wurde eine Probe vom Tumor entnommen, welcher umgehend nach Schwerin in die Pathologie versandt wurde. Je nach Art des Geschwürs soll dann eine Chemo – Therapie folgen. Ambulant, hier im Sana – Klinikum in Wismar.
Dienstag, 05. November – Der Befund der Gewebeuntersuchung aus Schwerin lag bis gegen Mittag noch nicht vor. So durfte ich nach dem Mittagessen das Krankenhaus verlassen bzw. ich wurde entlassen. Eine ambulante Chemo – Therapie ist ab dem 14.11. im Ärztehaus am Burgwall terminiert. So darf der Krebs weiterhin gesundes Gewebe metastasieren. Machen wir uns nichts vor, es geht mit großen Schritten den Ende entgegen. Am Mittag besuchte mich unser Pilzfreund Christopher Engelhardt und wir gingen noch kurz in die Cafeteria. Ich bekam mein Essen ja noch auf Station, gleiches wurde jedoch auch dort angeboten und Chris stärkte sich ebenfalls. Dazu ein Kaffee. Da der Zeitpunkt seines Besuches mit meiner Entlassung synchronisierten, war er so frei, mich mit meinem Gepäck nach hause zu fahren. Ich lud ihn noch in meine bescheidene Wohnung ein, natürlich nochmals mit einem Käffchen und wir setzten uns mit dem mir verordneten Blutzucker – Messgerät auseinander. Ich bin nun vom Typ 2 Diabetiker zum Typ 1 gewechselt und muss meine Blutzuckerwerte vor jeder Mahlzeit überprüfen und entsprechend Insulin dem Körper zuführen. Die Krankheit hat mich also voll im Griff.
Mittwoch, 06. November – Dies war der erste Titel, den ich von der Band in meiner Jugend vom Radio mitgeschnitten hatte. Von NDR 2 – Musik für junge Leute. – ZZ Top – Tuch – Heute morgen mit dem Brief vom Krankenhaus zu meiner Hausärztin. Wir schauten uns nochmal die Werte der letzten Blutuntersuchung an. Nichts auffälliges, welches meine Diagnose hätte vermuten lassen. Bis auf unterschwellige Schmerzen in der Unterbauchregion geht es mir soweit gut. Klar, etwas schwach auf der Brust und alles geht etwas geruhsamer von statten. Der Appetit ist sehr gut und auch sonst keine Symptome, noch nicht! Ständiges Überprüfen meiner Zuckerwerte und dem entsprechend Insulin spritzen. Das dürfte sich mit Beginn der Chemo eventuell ändern. Deshalb die Zeit nutzen und im Info – Zentrum noch einiges schaffen.
Tatsächlich habe ich es heute bewerkstelligt, die Ausstellungsflächen abzubauen und in den Keller zu schaffen. Dafür blieb die für heute geplante Mittwochsexkursion auf der Strecke. Eine Woche Stillstand wegen meines Krankenhaus – Aufenthaltes müssen kompensiert werden. Unterdessen scheint in einigen Laubwäldern immer noch ordentlich die Post abzugehen. Es dauerte ja auch, bis es hier durchstartete. Besonders üppig wachsen derzeit die leckeren Frauen – Täublinge, der Pilz des Jahres 1997. Aber auch Fans von Röhrlingen können immer noch auf ihre Kosten kommen. So mit Flockenstieligen Hexen – Röhrlingen, aber auch Steinpilzen. Irena fand gestern besonders kräftige von ihnen in sehr guter Qualität. Selbst ein Sommersteinpilz soll noch gefunden worden sein! Den Vogel schoss gestern jedoch Catrin ab. Im Rühner Holz, ihrem Hauswald, fand sie eine Gruppe von Sommerröhrlingen bzw. Silberröhrlingen. Ein wirklich bemerkenswerter Fund einer Dickröhrlingsart, die in M-V zu den ganz großen Raritäten zählt. – Das Wetter zeigt sich derzeit typisch Novemberhaft. Trübe, teils neblig, aber recht mild. So soll es zunächst auch weiter gehen. Bei Aufklaren kann bei dieser windschwachen Witterung jedoch auch mal Nachtfrost ein Thema werden. Aber das ist im Spätherbst nicht weiter dramatisch, denn völlig normal. Mittelfristig könnte die zumeist trockene Hochdrucklage hin zu mehr Tiefdruckeinfluss kippen.
Donnerstag, 07. November – Ein letztes mal heute der Buchstabe Z in meiner umfangreichen CD – Sammlung. Natürlich noch einmal ZZ Top – Gimme All Your Lovin` – Nach dem Frühstück fuhr ich nach längerer Zeit mal wieder in den Park am Seeblick. Schließlich brauchte ich Bilder für den Tagebuch – Eintrag. Zwar ist der Spätfrühling und Sommer hier die Hochzeit, aber auch jetzt, im Spätherbst, gibt es hier im Park noch einiges zu entdecken. Teils alte Bekannte aus dem Sommer, teils jedoch auch Arten, die in den Herbst gehören. Da das Laub, welches hier auf dem Parkrasen landet, später von den Gartenpflegediensten zusammen geharkt und im angrenzenden Wald wieder abgelagert wird, gibt es hier kaum entsprechende Saprophyten.
Diese sind in den Wäldern derzeit ja richtig gut zu Gange. Hier waren es heute weitgehend Mykorrhiza – Arten, jedoch keine Röhrlinge mehr. Diesbezüglich ist um diese Jahreszeit der Wald die bessere Adresse. Das es dort immer noch Steinpilze und Co. gibt, ließen etliche Mehlpilze im Seeblickpark erahnen. Ansonsten waren einige Täublinge, Ritterlinge und Schleierlinge dominant. – Das Wetter zeigte sich heute typisch Novembergrau und zeitweise Nieselte es bei schwachen Windverhältnissen auch ein wenig. Hochdruckbestimmt, und damit ruhig, geht es auch bis einschließlich Wochenende weiter. Ab der nächsten Woche mischen dann zunehmend Tiefdruckgebiete mit, die auch etwas Regen im Gepäck haben. Zum letzten Monatsdrittel hin deutet sich dann erstmals frühwinterliches Wetter an. Selbst erste Schneeflocken wären im Bereich des möglichen.
Freitag, 08. November – Es ist schon ziemlich paradox, dass ich so kurz vor meinem Ableben noch einmal anfange, meine umfangreiche CD – Sammlung von vorne an des morgens abzuspielen. Weit werde ich nicht mehr kommen, aber schauen wir mal. Den Anfang machte heute die 2raumwohnung – 2 von Millionen von Sternen. – Trist und grau auch der heutige Tag wieder. Dabei überquerte uns ein kleines, kaum wetterwirksames Höhentief von Ost nach West. Mit etwas Glück könnte es die trübe Suppe zum Wochenende hin etwas ausräumen uns wir sehen die Sonne mal wieder. Klarer Himmel bedeutet in der Nacht aber auch Bodenfrostgefahr. Aber das sollte uns nicht weiter stören, nichts dramatisches! Ich hatte heute im Laden weiterhin zu tun, um das Mykologische Informationszentrum allmählich in eine Weihnachtsstube zu verwandeln.
Vermutlich zum letzten mal. Da kann einem schon schwermütig ums Herz werden. Wie sehr habe ich diese Endphase eines Jahres immer geliebt. Wie viel Spaß hat es mir gemacht, mit schönen Erinnerungen an die Kindheit. Der bittere Beigeschmack hält sich zwar noch in Grenzen, wird aber wohl bald die Oberhand über meine Empfindungen gewinnen. Heute war noch Fensterputz und Vorbereitung des 2. Schaufensters für die Platzierung von Adventsgestecken angesagt. Schließlich wurden im Anschluss die ersten Gestecke und auch Weihnachtsdeko aus dem Keller geholt. Dabei unterstützte mich unsere Vereinsfreundin Maria tatkräftig. Zwischendurch mussten wir noch Stumpen – Kerzen kaufen. Liebe Maria, ganz herzlichen Danke für deine umsichtige Hilfe und ich weiß, dir hat es auch sehr viel Spaß gemacht.
Sonnabend, 09. November – Freie Liebe – Heute bekam ich Besuch aus Berlin. Bea und Christian hatten sich angekündigt und brachten noch zwei weitere, alte Bekannte von unseren Seminaren in der Märkischen Schweiz mit. Zunächst trafen wir uns im Cafe Glücklich und begaben uns dann in das Info – Zentrum. Hier standen schließlich weitere Aktivitäten bezüglich meiner Adventsgestecke auf der Agenda. Mit vereinten Kräften gelang es uns schließlich, meine beiden Schaufenster mit ihnen zu Bestücken und auch das erste Gesteck konnte ihre Abnehmer finden. Großes Lob von den Käufern aus Lübeck, mit dem Hinweis, dass die Angebote eigentlich unter Wert seien. Im Verlauf stieß dann auch noch Catrin zu uns, direkt aus dem Wald. Beladen mit einer Pilzpracht, wie wir sie nur selten zu Gesicht bekommen.
Besonders die üppigen Stockschwämmchen waren eine Augenweide. Aber auch Frauen – Täublinge in einer selten gesehenen Pracht. Junge Flockenstielige Hexen – Röhrlinge und ganz besonders feste und knackige Steinpilze. Wunderbare Trompeten – Pfifferlinge und einen Silberröhrling. Ganz frische und richtig tolle Austern – Seitlinge waren auch dabei. Aber auch Christian aus Berlin hatte einige Frischpilze dabei, so dass er meine Ausstellung noch erweiterte. Ich bedanke mich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich für euer kommen in der Hoffnung, dass es mich und den Steinpilz – Wismar noch ein Weilchen geben möge.
Sonntag, 10. November – 4 Non Blondes – What`s Up – Eine wahnsinnig schöne Rock – Ballade! Gestern Besuch aus Berlin – Brandenburg, so kündigte sich heute eine kleine Delegation aus Schleswig – Holstein an und auch zwei Vereinsmitglieder aus Schwerin gesellten sich zu uns. In gemütlicher Runde gab es zunächst Tarte mit Frostschnecklingen und Champignons. Wir dekorierten den Steinpilz – Wismar weihnachtlich und es gab schließlich noch Kaffee und Kuchen aus Kiel. Insbesondere Sascia und Katrin gaben mir wichtige Hinweise im Umgang mit Schmetterlingstrameten und Schiefen Schillerporlingen hinsichtlich ihrer unterstützenden Eigenschaften in der Krebs – Therapie. Aber nicht nur das, sie brachten mir auch gleich entsprechende Pilze in getrockneter Form mit. Der Chaga, wie der Schiefe Schillerporling auch genannt wird, stammt sogar aus dem hohen Norden, wo seine Inhaltsstoffe noch wirksamer sein sollen.
Montag, 11. November (Martinstag) – 4 Strings – Take Me Away – Heute beginnt also wieder die närrische Zeit, aber auch die Weihnachtszeit, welche uns bis zum 2. Februar begleiten wird. Ganz diesem Motto verschrieben ging es auch heute im Mykologischen Informationszentrum weiter. Dazu besuchte mich unser langjähriger Pilzfreund Thomas und wir dekorierten den Steinpilz – Wismar weiter. Auch Gestecke kamen hinzu, so dass unsere Weihnachtsstube immer weiter an Gestalt gewinnt. – Das Wetter hält sich weiter so, wie es sich für den November gehört. Trist und grau und heute regnete es zur Abwechslung auch mal wieder ein wenig. Der Regen wurde uns von einem Höhentief gebracht. Insgesamt geht es in der neuen Woche aber so weiter wie bisher. Typisches Novemberwetter, grau, teils neblig und kaum Sonne.
Erst in der nächsten Woche soll die große Änderung kommen. Die Tiefdruckgebiete werden stärker und endlich soll es wieder richtiges Wetter geben. Mit Regen, viel Wind und vielleicht sogar den ersten Schneeflocken. Liest man einige Schlagzeilen, die im Netz kursieren, soll der große Wintereinbruch folgen. Das wir auf solche Schlagzeilen so weit im voraus nicht viel geben dürfen, wissen wir nur zu gut. Tatsächlich ist es möglich, dass uns nasskaltes Schmuddelwetter droht, genauso könnte die Anströmung jedoch auf auf Südwest kippen und uns wird milde Frühlingsluft um die Ohren wehen. Dann dürften endlich auch die Regionen im Osten Deutschlands mit Niederschlägen versorgt werden, in denen es seit vielen Wochen zu trocken ist.
Dienstag, 12. November – Eines der schönsten Stücke der 1960er Jahre war hier zu hören. Es gefiel mir schon als junger Mensch unheimlich gut und versetzte mich in eine Zeit, die ich noch nicht so bewusst miterlebt habe, was die Entwicklung in der Rock und Pop – Szene betraf. Und hier sind dazu noch klassische Einflüsse unüberhörbar. Eine herrliche Nummer 1 – Procol Harum – A Whiter Shade Of Pale – 2,5 Liter wurden bei den leichten Regenfällen gestern in meinen Messbecher gefüllt. Aber das nur so zur Information, denn die Feuchtigkeit bei uns im Nordwesten Mecklenburgs ist für das spätherbstliche Pilzaufkommen ohnehin ausreichend. Anders beispielsweise in Berlin/Brandenburg, denn dort herrscht inzwischen wohl schon eine späte Dürre.
Das könnte sich aber ab der nächsten Woche ändern, denn es wird immer wahrscheinlicher, dass kräftige Tiefdruckgebiete dieser eher tristen und langweiligen Witterung ein Ende bereiten werden. Lässt man das GFS durchlaufen, so soll es richtig rund gehen. Nicht nur intensive Niederschläge in unterschiedlichen Aggregatzuständen werden hier simuliert, sondern auch handfeste Sturmentwicklungen liegen im Bereich des möglichen. Das sehe ich immer mit gemischten Gefühlen, denke ich an unsere Wälder, die immer mehr auch durch die Folgen des Klimawandels in Mitleidenschaft gezogen werden. Derzeit ist es aber noch ruhig und einer spätherbstlichen Wanderung durch die heimische Wald – und Flur steht eigentlich nichts im Wege. Theoretisch wäre morgen ja die obligatorische Mittwochsexkursion angesagt gewesen. Die fällt jedoch aus, da ich im Informationszentrum zu tun habe und außerdem fühle ich mich auch weiterhin ziemlich schwach.
Mittwoch, 13. November – Meine Schulzeit in den 1970er Jahren ist lange her. Aber damals mussten wir auch Sonnabends noch die Schulbank drücken. Alle 4 Wochen freute ich mich dann auf die Disco mit Ilja Richter, abends im Westfernsehen. Genau das richtige für anspruchslose Teenager! – Saragossa Band – Natürlich trat hier nicht nur die Saragossa – Band auf. Ich und meine Schulkameraden standen doch eher auf Handfesteres wie The Sweet, Slade, T. Rex oder Gary Glitter. – Die für heute geplante Mittwochsexkursion fiel wie angekündigt aus. Zum einem meinem Gesundheitszustand geschuldet, zum anderen jedoch auch dem Wetter. Es regnete zeitweise, wenn meist auch nur in leichter Intensität. Für eine doch recht weite Fahrt auf meinem Leichtkraftroller alles andere als erbauliche Verhältnisse. Ich fürchte, auch die in diesem Jahr noch ausstehenden Mittwochs – Termine bleiben wohl auch auf der Strecke. Die öffentliche Lehrwanderung am kommenden Sonnabend findet jedoch wie geplant statt.
Morgen soll für mich eine Chemo – Therapie beginnen. In der Hoffnung, dass es noch etwas für mich bringen wird. Ich bin diesbezüglich jedoch nicht besonders zuversichtlich, denn mein Gesundheitszustand verschlechtert sich immer weiter. Die Bauchspeicheldrüse arbeitet nicht mehr richtig und ständig gilt es den Blutzucker zu kontrollieren und entsprechend Insulin zu spritzen. Gegen die Schmerzen muss ich Tropfen nehmen. Phasenweise Heißhunger, besonders auf süßes, dann immer wieder auch ein Gefühl der Übersättigung, welches auch mal in` s Gegenteil umschlägt, also in ein fast unerträgliches Hungergefühl. Zum Glück habe ich immer noch Appetit, aber mit Beginn der Chemo – Therapie könnte sich dieses ändern?
Donnerstag, 14. November – Und auch die Hitparade aus den Berliner Union – Studios flimmerte in den 1970er Jahren alle vier Wochen Sonnabends über den schwarz – weiß Bildschirm. Auch sie durfte nicht verpasst werden. So drehten auch die Mieter über uns ihren Fernseher richtig auf. Hier ein Stück einer Sängerin, die zum Standard damals in der Hitparade gehörte. Hier mit dem Orchester James Last: Lena Valaitis – Da kommt Jose, der Straßenmusikant – Eine tolle Frau, ein tolles Lied!
Heute ist der Todestag meiner Mutter. Er jährt sich zum 15. mal. Ja, der November ist der Monat der Toten – Gedenktage und statistisch scheinen in dieser dunklen, trüben Zeit, mehr Menschen zu sterben, als beispielsweise im Frühling oder Sommer. Leider bin auch ich nun in eine gesundheitlichen Lage gekommen, in der ich öfters als früher an meinen Abschied denken muss. Trotz allem trage ich diesen Gedanken derzeit zumindest noch sehr gefasst und freue mich nicht zuletzt auch mit der Beschäftigung mit den Adventsagestecken auf die stimmungsvolle Advents- und Weihnachtszeit.
Aber wir leben in einer Zeit, in der es Möglichkeiten gibt, den Krebs in seine Schranken zu weisen, ihn zumindest auszubremsen. Aus diesem Grunde hatte ich heute einen Termin bei einer internistischen Praxis in Wismar. Es fand zunächst ein Beratungsgespräch statt und es wurde mir Blut abgezapft. Morgen soll ich wieder vorbei schauen, um das Blutbild mit der Ärztin auszuwerten. Dieses soll Aufschluss geben, ob ich für die angedachte Therapie tauglich bin. Sie soll ambulant durchgeführt werden und den Tumor gezielt bekämpfen. Also eine regionale, aber harte Chemo, eine sogenannte Hammer – Therapie! Wenn alles passt, soll diese Anfang Dezember beginnen.
Themenwechsel. Noch ist es ruhig und mild. Wer also die Wälder, Wiesen und Heiden nach spätherbstlichen Pilzarten durchstreifen möchte, sollte diese Tage noch nutzen, denn in der nächsten Woche soll es richtig ungemütlich werden. Ein starker Tiefdruck – Trog beginnt uns von Norden her zu erfassen. An seiner Südflanke können sich intensive Randtiefs bilden. So sehen viele Wettermodell am Dienstag ein sehr starkes Tief, welches uns von West nach Ost überqueren soll. Simuliert wird teils sogar ein handfester Orkan!
Andere Lösungen sehen den Wind nicht so stark, berechnen dafür aber intensive Niederschläge, die nach Süden hin als Regen und bei uns im Norden als Schnee fallen können. Besonders das amerikanische GFS sieht sogar in Mecklenburg eine satte Neuschneedecke! Es wird also richtig spannend. Das Tief saugt an seiner Rückseite hochrechende und labile Kaltluft an, so dass mit starkem Rückseitenwetter zu rechnen ist. Es folgen kräftige Schnee – und Graupelschauer, teils mit Wintergewittern. Es soll für die Jahreszeit zu kalt werden! Erst in Richtung Ende November rechnete das GFS im letzten Lauf den Durchbruch des Frühlings, wenn viele, nicht frostharte Pilzarten, den Geist aufgegeben haben sollten. Aber das ist bei einer so turbulenten Witterungsphase zunächst nur reine Spekulation. Fest steht jedenfalls, es wird in der kommenden Woche lausig zugehen.
Freitag, 15. November – Rex Gildo – Wenn ich je deine Liebe verlier – Der Monat wurde heute 12.00 Uhr geteilt. Damit endet auch der Spätherbst bei den Pilzen. Ab morgen befinden wir uns bis Januar im Winter – Aspekt. Klar, wird hier nicht die Schere angesetzt, denn alles geht ja fließend ineinander über. So können Herbst- und Spätherbstarten auch weiterhin dabei sein. Aber der Fokus bei den Pilzfreundinnen und Freunden liegt nun immer mehr bei den Winterpilzen. War es bisher ja meist mild, mit nur geringen Nachtfrösten, ändert sich dieses in der kommenden Woche. Zum ersten mal in diesem Winterhalbjahr wird zunehmend hochreichende Kaltluft angezapft. Zumindest des Nachts drohen nun immer häufiger frostige Temperaturen. Den Winterarten wird es gefallen, die Herbstpilze dürfen sich warm anziehen. Aber zunächst werden sie versuchen den für sie widrigen Bedingungen zu trotzen. Unter Laub oder an anderen, geschützten Stellen haben sie durchaus noch Chancen.
Heute war ich seit längerer Zeit mal wieder im Wald unterwegs. Mein Pilzfreund Hartmut rief mich am morgen an, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm ein letztes mal in diesem Jahr auf Pilzpirsch zu gehen. Er schlug die Schlemminer Forst vor. Mir kam die Idee recht gelegen, denn schließlich wollte auch ich mich über den aktuellen Stand in einem unserer besseren Buchenwälder informieren und ich brauchte natürlich auch Bilder für dieses Tagebuch. Das Wetter ließ zwar zu Wünschen übrig, aber wir haben ja November. Aus Hochnebel nieselte es zeitweise und leichte Windböen ließ es im Wald von den Bäumen auf uns herab regnen. Durchaus ungemütlich. Am Ende hatte ich genug Bilder im Kasten und sein recht großer Korb war randvoll mit Speisepilzen gefüllt. Insgesamt war es aber nicht mehr überschwänglich. welches uns in der Nähe des dortigen Schwarzen Sees geboten wurde. Neben einigen Steinpilzen und Herbstrotfüßen, einem Flockenstieligen Hexen – Röhrling und Semmelstopppelpilzen landeten hauptsächlich Dunkle Hallimasch in seinem Korb.
Sonnabend, 16. November – Roger Whittaker – Albany – Zu Beginn des Winteraspektes führte heute die letzte öffentliche Lehrwanderung durch einen Teilbereich der ehemaligen Haushalt Forst bei Bad Kleinen. 18 Pilzfreundinnen und Freunde fanden sich zu diesem Zweck gegen 08.45 Uhr auf dem Parkplatz gegenüber dem Zugang zum Eiertunnel in Bad Kleinen ein. Nach kurzer Begrüßung und Vorstellung mitgebrachter Pilze starteten wir durch dieses Waldgebiet auf besseren Böden. Überwiegend Laubwald, aber auch Nadelgehölze sind immer mal eingestreut. Das Frischpilzaufkommen war eher als mäßig zu bezeichnen. Das haben wir hier zu dieser Jahreszeit auch schon mal besser gesehen. Besonders in Jahren, an denen man hier vor Herbsttrompeten stellenweise kaum treten kann. Heute gab es diese beliebten Füllhörner nur in geringer Menge, aber immerhin!
Ansonsten war noch einiges an Täublingen und Milchlingen vertreten. Auch verschiedene Ritterlings – Arten, Nebelkappen, Lacktrichterlinge und einige Stockschwämmchen sowie einiges mehr. Röhrlinge waren recht dürftig vertreten. Nur wenige Steinpilze, Flockenstielige Hexen – Röhrlinge oder auch mal ein Herbstrotfüßchen. Schlauchpilze gab es in Form von Herbst- und Grubenlorcheln, Eselsohren und natürlich auch von kleineren Arten an Totholz.
Das Wetter war dem vorletzten Monat des Jahres entsprechend. Grau in grau, aber trocken und recht mild. Das haben wir nochmal gut erwischt, denn ab morgen wird es ungemütlicher. Regen, Schnee und ruppiger Wind übernehmen in der kommenden Woche. Da der Gradient nahezu die ganze Woche sehr lebhaft zu Gange sein soll, könnten sich eventuell die negativen Temperaturen in Grenzen halten. Zumindest leichte Nachtfröste werden wohl zu verzeichnen sein. In der Mittelfrist soll es dann ab dem kommenden Wochenende wieder mit den Temperaturen bergauf gehen. Sehr milde Luftmassen könnten uns dann wieder um die Ohren wehen.
Sonntag, 17. November (Volkstrauertag) – The Catch – 25 Years – Trotz des Trauertages zeigte sich heute vorübergehend mal wieder die Sonne. Wohltuend nach den ganzen grauen Tagen. Aber das war nur von kurzer Dauer, denn schnell zogen wieder neue Schauerwolken heran. Aktives Rückseitenwetter nach dem Kaltfront Durchgang in der vergangenen Nacht. Das Aprilwetter hält auch nachts und morgen an, bevor uns am Dienstag ein Sturmtief erreicht. Dieses hat nicht nur viel Wind, sondern auch reichlich Niederschläge im Gepäck. Diese könnten zumindest im Norden von Mecklenburg als Schnee niedergehen. Selbst die Ausbildung einer vorübergehenden Nassschneedecke liegt im Bereich des möglichen. Ja, der Winter naht unaufhaltsam.
Aber in Wald und Flur hält der Spätherbst noch dagegen. So ist Irena heute in einen regelrechten Pilz – Segen geraten. Unglaublich, was sie heute Nachmittag im Mykologischen Informationszentrum anlieferte. Hatte ich doch meine Dörrgeräte bereits zur Winterruhe in den Keller gebracht, musste ich sie wieder hochholen. Darauf landeten vor allem Flockenstielige Hexen – Röhrlinge in hervorragender Qualität. Aber auch Steinpilze und Stockschwämmchen. Eine größere Menge von Semmelstoppelpilzen wurden im Kühlschrank zwischengelagert und diese werden morgen auf den Dörrautomaten geschnitten. Ja, so kommt immer wieder etwas dazwischen, denn an sich wollte ich mich heute mit den Adventsgestecken befassen. Statt dessen haufenweise Frischpilze wie in der Hochsaison. So durchzieht nun wieder der wunderbare Duft trocknender Hexen, Steinpilzen und Stockschwämmchen die Luft im Info – Zentrum. Aber einige Gestecke konnte ich dann doch noch schaffen.
Montag, 18. November – Hits aus den 80er heute morgen: Pat Benatar – Love Is A Battlefield – Eine unruhige Nacht liegt hinter mir. Nur kurzes Intervall – Schlafen und immer wieder wach werden. Trotz Schmerzmittel keine richtige Linderung. Bisher hat es ganz gut funktioniert, aber der Schmerz wird stärker, so dass allmählich auch andere Medikamente angezeigt sind, die spezieller auch auf Krebs – Schmerzen ausgerichtet sind. So heute morgen zum Hausarzt und entsprechend stärkere Pillen wurden nun auch verschrieben. Außerdem war mein Kurzzeit – Insulin aufgebraucht, so dass ich Nachschub brauchte. Ja, so ist es am Lebensende, dass für mich viel zu früh näher rückt. War ich eigentlich doch lange glücklich, dass ich bis vor knapp einem Jahr nahezu gänzlich ohne Medikamente auskam, nimmt die Medikation nun leider Überhand. Und ich werde Stammgast bei verschiedenen Ärzten. Aber Jammern nutzt nichts. Noch ist etwas Leben in mir und vielleicht darf ich sogar noch das neue Jahr begrüßen? Den Frühling noch einmal zu Erleben scheint wohl doch etwas zu vermessen zu sein?
Heute habe ich die Semmelstoppelpilze auf den Trockner gebracht. Ich hoffe, es waren dann die letzten Pilze in diesem Jahr für meine Dörrgeräte. Wer weiß, ob ich sie im Winter noch entsprechend verarbeiten kann. Also portionsweise eintüten oder zu Pilzpulver verarbeiten.
Das Wetter war heute wie erwartet kühl, aber die Schauer hielten sich doch sehr in Grenzen. Morgen zieht dann das seit Tagen prognostizierte Sturmtief auf. Sollte es direkt über uns mit seinem Kern hinwegziehen, dürfte sich der Wind bei uns in Grenzen halten. Aber Regen und Schneefälle sind sicher dabei. Auf seiner Rückseite könnte allerdings dann der kalte Nordwind kräftig auffrischen und es folgen an den Tagen danach immer wieder kräftigere Regen, Schnee und Graupelgewitter. Erst im Laufe des Wochenendes bringt ein neues Tief wieder deutlich mildere Luft mit.
Dienstag, 19. November – Die 80er Jahre: Fiction Factory – Heaven – Heute zog nun das seit Tagen berechnete Sturmtief durch. Vor einiger Zeit wurde es sogar als Orkan simuliert. Davon ist zum Glück kaum etwas übrig geblieben. Bei uns war es wie erwartet recht ruhig, aber weiter südlich wehte doch ein sehr ruppiger Wind. Wir mussten uns mit Regen, Schneeregen und Schnee begnügen. Im Süden von Mecklenburg bildete sich sogar eine dünne Schneedecke. In Wismar war es überwiegend die flüssige Form, mit nassen Schneeflocken vermischt. In der nachfolgenden Höhenkaltluft wird es in den nächsten Tagen Aprilwetter geben. Dabei kann es in starken Schauern immer mal weiß werden.
Ein richtiges Einwintern steht aber nicht auf der Agenda. Und zum Wochenwechsel wird dann sogar ein warmer Föhn angestellt. Ein starkes Tiefdruckgebiet schaufelt Luftmassen subtropischen Ursprungs zu uns. Sollten dann sogar schon Frühlingsgefühle aufkommen? Zunächst kann es aber bei Aufklaren besonders am Erdboden zu leichtem Frost kommen. Dieser kann in ungünstigen Lagen entsprechende Schäden an einige Frischpilzen zur Folge haben. Den Winterarten wird diese Witterung natürlich entgegen kommen.
Ach so, beinahe hätte ich es vergessen. Heute erhielt ich Besuch aus Schönberg. Roland Lebendig vom Rehnarer Pilzverein Heinrich Sternberg e.V. schaute seit längerer Zeit mal wieder herein. Bei einer Tasse Glühwein wurde natürlich auch in alten Zeiten geschwelgt.
Mittwoch, 20. November (Buß – und Bettag) – Die 80er – Flash & The Pan – Midnight Man – Die für heute vorgesehene Mittwochsexkursion ist leider ausgefallen. Ich hatte einen Arzttermin, der ungünstig lag. 13.30 Uhr und dann kamen noch etwa 3 Stunden Wartezeit dazu. So schaffte ich es erst gegen 17.00 Uhr im Laden zu sein. Dort wurde ich bereits erwartet, den Irena holte Tische und Stühle ab, die wir während unserer Großpilzausstellung Anfang Oktober nutzten. Fast zur selben Zeit schauten Catrin und Michael vorbei. Sie wollten mich beim Adventsbasteln unterstützen. Und das machte ihnen sogar richtig Spaß. Im Anschluss gingen wir noch gepflegt Essen. Im Alten Brauhaus am Wismarer Hafen.
Donnerstag, 21. November – Die 80er: Taco – Puittin`On The Ritz – Heute Vormittag ein weiterer Arzttermin beim Urologen. Mir geht es richtig schlecht. Tagelang kaum Schlaf, das macht einen fertig. So schleppte ich mich danach zum Laden und quälte mich durch den Tag. Ich werde auch früher Feierabend machen und mich nach hause verabschieden. Immerhin wurde heute auch noch einmal die Pilzberatung in Anspruch genommen. Austernseitling und Gelbstieliger Muschelseitling wurden mir vorgelegt.
Freitag, 22. November – Die 80er Jahre: Gazebo – I Like Chopin Nasskalt war es auch heute wieder. Während in anderen Regionen Deutschlands teils kräftige Schneeschauer oder sogar Dauerschneefall ein Thema sind, kommt speziell im Nordwesten Mecklenburgs nicht viel davon an. Erst am Abend überquerte uns ein stärkeres Schauerband von Nordwesten her. Dabei regnete es allerdings in Küstennähe. Ziehen bei diesen grenzwertigen Temperaturen die Schauer über die Ostsee, so fallen diese meist in flüssiger Form, da das Meereswasser noch zu viel Wärme gespeichert hat. Am Abend war ich dann noch nach Neuburg eingeladen. Eine Geburtstagsrunde bei meinem Schulfreund Andre war angesagt. Als Kinder waren wir beide, auch gemeinsam mit seinem Bruder Jürgen, öfters in den Wäldern und Wiesen der näheren Umgebung auf Pilzsuche. Hallimasch im Wald bei Moidentin. Schnell mal in den Zug gesetzt und nach wenigen Minuten waren wir mitten im Wald. Oder auch nach Neukloster.
In den dortigen Revieren suchten wir nach Maronen, Steinpilzen und ähnlichem. Ich entsinne mich, das Andre damals auch Kahle Kremplinge mit nach hause nahm, obwohl ich ihm davon abriet. Dort fanden wir auch mal zwei üppige Rotkappen. Die kannte ich damals noch nicht und Andre stellte mir diesen Röhrling vor. Auf den Wiesen bzw. Weiden sammelten wir größere Mengen von Lilastieligen Rötel – Ritterlingen, aber auch Violette Rötelritterlinge waren dabei. Die Hexenringe letzterer waren oft besonders üppig, mit vielen, teils dicht an dicht bestandenen Fruchtkörpern. Und sie waren auch ergiebiger, weil sie oft fleischiger daher kamen, als ihre Artgenossen in den Wäldern. Natürlich waren heute Abend daher auch Pilze ein Thema.
Sonnabend, 23. November – Die 80er Jahre: The Sugarhill Gang – Rapper` s Delight Ein recht ruhiger und auch freundlicher Novembertag. Und mittags zeigte sich auch die Sonne. Es war für mich ein freundlicher Spaziergang hin zum Bus, denn mein Dienstfahrzeug hatte ich gestern Abend am Hafen geparkt. Dankenswerter Weise wurde ich nach dem Geburtstag vor meiner Haustür per Auto abgesetzt.
Noch befinden wir uns in der Kaltluft, aber heute Abend und in der Nacht leitet eine aktive Warmfront einen rasantem Temperaturanstieg ein. Die maritime Polarluft wird durch feuchtmilde Subtropikluft ersetzt. Wir springen also praktisch innerhalb weniger Stunden vom Winter in den Frühling. Das wird für manch wetterfühligen Zeitgenossen nicht ganz ohne Unwohlsein von statten gehen. Dennoch haben die leichten Minusgrade sicher auch ihre Spuren an der Pilzfront hinterlassen. Aber dennoch werden viele, insbesondere auch jüngere Fruchtkörper, den ersten Hauch des Winters relativ unbeschadet überstanden haben. Zumindest in geschützten Positionen, und rasch nachschieben bei den zu erwartenden Temperaturen. Insbesondere klassische Spätherbstarten. Die Winterpilze werden es wohlwollend zur Kenntnis genommen haben und als Wachstumsimpuls werten. Allerdings hätte die Kälte diesbezüglich doch etwas grimmiger ausfallen können.
Sonntag, 24. November (Totensonntag) – Die 80er und passend zur bevorstehenden Weihnachtszeit: Jona Lewis – Stop The Cavalry – Heute gedenken wir unseren Verstorbenen und es endet das Kirchenjahr. Ein stiller Tag im Spätherbst. Ob wohl vielleicht auch jemand im nächsten Jahr noch einen Gedanken am Totensonntag an meine Wenigkeit verschwenden wird? So wie es mir derzeit geht, wird es wohl nicht mehr lange dauern bis ich das Zeitliche segnen darf. Aber nichts destotrotz ging es heute nochmals hinaus in den Wald. Eine Vereinsexkursion stand auf dem Plan. Ziel war das Heidenholz bei Ventschow. Ein Waldgebiet auf gehaltvolleren Böden und überwiegend von Buchen bestanden.
Gleich nebenan findet sich ein weiteres Waldstück am früheren Klappenkrug. Ein Feldstein und eine Info – Tafel liefert Aufschluss, was es in früheren Zeiten mit dem Klappenkrug auf sich hatte. Trotz anfänglichem Regen starteten Catrin, Dorit und Reinhold am Morgen zur vorletzten Vereinsexkursion in diesem Jahr. Mehr Pilzfreundinnen und Freunde konnten sich dafür leider nicht begeistern. Begeistert war jedoch Catrin über diesen schönen Wald, der fast so toll ist wie ihr Rühner Holz, nur wesentlich kleiner ist. Das Heidenholz entwickelte sich zu Zeiten unser Hauptkartierungen in den 1990er Jahren zu einem Kultwald. Sehr erfolgreiche, artenreiche Exkursionen tätigten wir hier damals. Unvergessen der Igelstachelbart oder der frische Weihnachts – Hallimasch am Rande des Klappenkruges. Ganz das Niveau von damals wurde uns heute freilich nicht geboten. Zu fortgeschritten ist die Jahreszeit, aber dennoch waren wir sehr zufrieden. Sowohl im Hinblick auf interessante Arten, wie auch bezüglich Speisepilzen. Hier taten sich insbesondere Stockschwämmchen hervor.
Montag, 25. November – Roger Miller – King Of The Road – Das war heute doch ein denkwürdiger Wettertag für Deutschland. Ganz im Südwesten fast schon eine Tropennacht mit nahezu 20 Grad über null gegen morgen. Zur selben Zeit beispielsweise im Bayerischen München minus 2 Grad! Sommer und Winter nah beieinander. Wir lagen zwischen den Stühlen, aber mit etwa 15 Grad doch auch im oberen Bereich. Die sehr milde Luft wird nun am Abend von einer Kaltfront ausgeräumt. Aber so richtig kalte Luft folgt ihr nicht. Immerhin kann es in den nächsten Nächten aber auch wieder leichten Frost geben. Übrigens haben die Schauer und Regenfälle der letzten Tage 20 Liter in meinen Regenmesser eingefüllt!
Im Info – Zentrum ist heute die letzte Stufe der Vorweihnachtlichkeit eingezogen. Es läuft Weihnachtsmusik. U. a. auch Auszüge aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Aber wie auch sonst in bunter Mischung bis hin zu harten Klängen einer Metal – Weihnacht. Übrigens habe ich inzwischen eine unterstützende Krebs – Therapie mit Schiefen Schillerporlingen begonnen. Unsere liebe Pilzfreundin Katrin aus Kiel, ihres Zeichens Gesundheitswissenschaftlerin, hatte mir kürzlich 200g dieses Vitalpilzes mitgebracht. Pilze aus dem hohen Norden, die besonders reichhaltig bezüglich ihrer positiven Inhaltsstoffe sein sollen. Der Inonotus obliquus ist unter der Bezeichnung Chaga natürlich viel bekannter.
Im Gegensatz zu anderen Vitalpilzen, wie der Birkenporling, ist der gebrühte Tee des Chaga sogar recht wohlschmeckend, ein wirklich echter, wertvoller Tee, der seinem Namen alle Ehre macht. Diesen Tee wird es nun in den nächsten Wochen immer mal wieder bei mir geben. Im Wechsel mit Grünem Tee. Anfang Dezember soll dann auch die Schulmedizin bei mir loslegen. Eine 6 monatige Chemo – Therapie startet. Bis in den Juni zwei mal die Woche. Das wird wohl eine anstrengende Zeit für mich und mal schauen, vielleicht weile ich am Totensonntag des kommenden Jahres tatsächlich noch unter euch, liebe Pilzfreundinnen und Freunde.
Nichts desto trotz bin ich heute Abend noch schnell in die Spätsprechstunde zu meiner Hausärztin gegangen. Der Krebs verursacht permanent Schmerzen. Zwar nur von leichter, bis zeitweise mäßiger Natur, aber insbesondere des Nachts bringt er mich immer wieder um den so erhofften und verdienten Schlaf. Bevor die Krebs – Diagnose fest stand, unterdrückte ich diesen mit Ibuflam – Tabletten. Das hatte bestens funktioniert. Eine Tablette am Abend hielt bis zum späteren Nachmittag des Folgetages durch. Im Krankenhaus wurde dann auf Novaminsulfon – Tropfen umgestellt. Die wollten zunächst nicht wirklich Linderung bringen, so dass ich heimlich noch eine Ibuflam einwarf, welches dann auch die erhoffte Wirkung erbrachte. Schließlich wirkten dann die Tropfen auch recht ordentlich, aber so richtig zufrieden bin ich damit alleine nicht. Das habe ich in der Sprechstunde vorgebracht und mir wurden nun Tramadol – Tabletten verordnet. Morgens und abends jeweils eine! Aber Zufriedenheit wollte sich auch jetzt nicht einstellen, weil der Wirkstoff recht zögernd abgegeben wird, so wie es bei retardierten Tabletten sein soll. Dazu darf ich auch die Tropfen ergänzend nehmen. Aber es ist schon merkwürdig, wie sich der Schmerz gestaltet. Mal unterschwellig im Bauchraum. Hat es sich hier beruhigt, geht es besonders beim Liegen in den Rippen weiter. Sehr unangenehm und schlafraubend. Und heute Abend wurde mir zusätzlich für einen kurzen Moment richtig übel. Das hatte ich bisher nicht.
So entschloss ich mich zur Abendsprechstunde zu gehen. Ein Grund war übrigens auch ein Schreiben der Riester – Rentenversicherung. Ich sollte beispielsweise vom Hausarzt bestätigen lassen, dass es mich noch gibt. Das Schreiben lag schon seit einiger Zeit in meiner Ablage und dass sollte heute nun abgestempelt werden. Ich sprach nochmals meine unbefriedigende Schmerz – Therapie an, worauf die Dosis vom Tramadol ab sofort verdoppelt wurde. Zur Unterstützung auch weiterhin Novaminsulfon – Tropfen. Mir ist wichtig, dass ich Linderung bekomme, denn am Mittwoch wird mir ein Port eingepflanzt. Es steht also eine kleine OP an, die ihrerseits sicher für ein zusätzliches Schmerzempfinden sorgen dürfte. Und man sollte die Psyche nicht unterschätzen. Nach dem kurzen Gespräch mit der Ärztin waren Übelkeit und auch die Schmerzen fast verflogen. Allerdings nahm ich kurz zuvor 40 Tropfen Novominsulfon.
Dienstag, 26. November – 100 % Country auch heute morgen: John Denver – Annie` s Song – Morgen soll es also zur OP in` s Krankenhaus gehen. Ein Port wegen der bevorstehenden Chemo soll mir gesetzt werden. Nach etwa 2 Stunden kann ich dann wieder in die Häuslichkeit entlassen werden, wenn alles gut läuft. Die Abholung ist organisiert und abends kommt dann Sohn Jonas aus Neumünster, um des Nachts an meiner Seite sein zu können, falls Komplikationen auftreten sollten. Am Donnerstag Mittag muss ich mich wieder im Krankenhaus vorstellen, da der Verband gewechselt werden soll. Wegen dieser Prozedur wird leider auch die letzte Mittwochsexkursion in diesem Jahr auf der Strecke bleiben.
Ich wünsche mir, dass die Therapie tatsächlich positives bewirkt und ich vielleicht für das kommende Jahr wieder fitter werde und vielleicht sogar zuversichtlich in die neue Saison starten könnte.
Das Wetter war heute sehr freundlich in Wismar und Umgebung. Zeitweise lachte die Sonne und es blieb trocken. Am Abend zieht allerdings noch eine Schauerlinie durch, bevor am Mittwoch und Donnerstag ein kleines Sturmtief viel Wind und Regen bringen soll. Da es mit seinem Zentrum wohl direkt über M-V von West nach Ost ziehen soll, wird das Sturmfeld wohl eher südlich an unserem Bundesland vorbei ziehen. Erst Rückseitig könnte der Wind dann auch bei uns auffrischen. In Richtung Wochenende soll sich das Wetter dann wieder beruhigen, bei zunehmendem Hochdruckeinfluss.
Mittwoch, 27. November – Abba – Watch Out – Ja, sie konnten auch richtig rocken! Und so ist auch die für heute geplante und letzte Mittwochsexkursion des Jahres meiner Krankengeschichte zum Opfer gefallen. 11.00 Uhr hatte ich Termin im ambulanten OP – Zentrum des Sana – Klinikums in Wismar. Der Weg dorthin, vom Stadtteil Wendorf leider etwas abseits gelegen, verlief dann doch ziemlich abenteuerlich. Die Busverbindung wäre ungünstig gewesen, da ich dann doch etwas verspätet dort aufgeschlagen wäre. Also eine andere Linie gewählt, die über das Burgwall – Center verläuft. Von dort aus ist es aber immer noch eine ordentliche Ecke zu laufen bis man das Klinikum erreichen würde. So hatte ich es mir gedacht, aber plötzlich wurde mir ganz anders. Mir wurde schummrig vor den Augen. Ich fing an zu zittern und zu schwitzen. Klare Anzeichen für eine Unterzuckerung.
Der vorher gemessene Blutzuckerwert aus der Nacht heraus war ziemlich hoch. Dem entsprechend musste ich auch eine hohe Dosis Insulin spritzen. Dabei habe ich jedoch nicht bedacht, dass ich nüchtern zur OP erscheinen musste. Der Blutzucker ging also ordentlich in den Keller. Schnell bei Burger King rein und eine Cola bestellt. Danach zur Apotheke und eine Rolle Traubenzucker gekauft. Die Zeit wurde mehr als knapp und mir ging es nicht so gut, um die 2 Km bis zum Krankenhaus zu Fuß zurück legen. Was nun tun? Schnell in die Arztpraxis hinein, in der ab dem kommenden Mittwoch die Chemo starten soll, und ich bat darum. einen Fahrdienst zu ordern, der dann nach wenigen Minuten auch vor der Tür stand. So konnte ich doch noch rechtzeitig zu meiner Operation aufschlagen. Zum Glück befinden sich die genannten Einrichtungen alle im Burgwall – Center. Ja, ich muss mit meiner Krankheit erst noch lernen richtig umzugehen. Am Abend kam dann Sohn Jonas und blieb des Nachts an meiner Seite, denn es sollte eine Person für den Fall der Fälle in meiner Nähe sein.
Donnerstag, 28. November -Es dauert nicht mehr lange und nicht nur die Schwedische Pop – Gruppe Abba wünscht ein Happy New Year – Die „Steckdose“ für die Chemo wurde mir also gestern eingebaut. Natürlich erkennt der Körper diese zunächst als Fremdkörper und es schmerzt doch ein wenig und das Umfeld ist entzündlich. Aber heute Mittag ging es wieder in` s Krankenhaus zur Nachkontrolle und Verbandswechsel. Die Schwester, die dieses bewerkstelligte, war mit dem Ergebnis zufrieden. So kann die Chemo – Therapie am kommenden Dienstag starten. Am Donnerstag drauf habe ich allerdings nochmals einen Termin im Krankenhaus. Die Fäden sollen gezogen werden. Mein Frage bezüglich der vorher schon beginnenden Chemo stellte sich mir. Ist das denn schon möglich? Ja, selbst schon einen Tag nach der OP wäre es möglich gewesen. Am Nachmittag besuchte mich unsere Pilzfreundin Maria im Informationszentrum. Nicht nur um in Gemütlichkeit einen Kaffee zu trinken, sondern wir bastelten auch noch Gestecke.
Zum Wetter: Das kräftige Sturmtief hat uns seit gestern Nachmittag im Griff. Kräftiger Dauerregen und heute frischte der Wind dazu noch stürmisch auf. Insgesamt habe ich 24,5 Liter in meinem Regenmesser aufgefangen. Und auf dem Krankenhaus – Gelände sah ich auch Frischpilze. Gilbende Erdritterlinge. Gerne hätte ich noch Bilder gemacht, aber das Wetter war mir dann doch zu scheußlich.
Freitag, 29. November – R.E.M. – Drive – Eine echte Perle der Rockmusik! – Erste Adventsvorbereitungen heute Vormittag bei mir zu hause. Dann noch kurz zum Einkauf und schließlich ab in den Laden. Also in das Mykologische Informationszentrum. Und der heutige 29.11.2024 ist ein denkwürdiger Tag für Sohn Jonas. Er hat seine Fahrschule endlich hinter sich gebracht und konnte heute voller Stolz seinen Lappen ausgehändigt bekommen. Lieber Jonas, ganz herzlichen Glückwunsch, ich denke auch im Namen aller Pilzfreundinnen und Freunde, die dich kennen. Allzeit eine gute, unfallfrei Fahrt!
Das Wetter hatte sich heute wieder beruhigt. Es war zwar meist dicht bewölkt, aber Regen und Wind hatten sich verzogen. Es ist recht frische Luft eingeflossen und in den Nächten kann es dann schon mal wieder frieren. Aber was soll` s, wir befinden uns schließlich im Wachstumsaspekt Winter. Dieser ist aber noch unentschlossen, ob er uns in der nächsten Zeit richtig heimsuchen möchte, oder ob doch atlantische Tiefs eher wieder mildere Luft zu uns heran führen. Der aktuelle Trend geht jedoch in Richtung winterlich aus.
Sonnabend, 30. November – Absolut Gold auch heute morgen: Billy Joel – Leningrad – Heute endet nicht nur der November, sondern auch die Pilzsaison 2024. Sie war teils recht durchwachsen, aber insbesondere spät im Jahr auch durchaus zufriedenstellend. Enden tut heute auch der meteorologische Herbst. Er war überdurchschnittlich warm. Aber trotz Saison – Ende bedeutet das natürlich nicht, dass nicht auch weiterhin auf die Pirsch nach Pilzen gehen kann. Auch gute Speisepilze, wie wir wissen, sind besonders auch zwischen den Jahren zu finden.
Ob es im nächsten Jahr mit dem Tagebuch weiter geht, steht in den Sternen. Nach meinem derzeitigen Gesundheitsstand zu urteilen, eher nicht. Ja, es wird sich die Frage stellen, kann das Mykologische Informationszentrum überhaupt noch erhalten bleiben?
Ich gehe zwar ab nächster Woche für ein halbes Jahr in eine Chemo – Therapie, aber ob sie mir tatsächlich noch eine wieder lebenswertere Lebensphase ermöglichen wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Wie heißt es so schön, Tee trinken und abwarten oder umgekehrt. Heute ist mal wieder Chaga – Tee angesagt. Der soll sich ja auch günstig auf eine Krebs – Therapie auswirken. Auch hoffe ich, dass die Schmerzen mit der Chemo auch wieder weniger werden. Noch bis vor gut einem Jahr war ich eigentlich glücklich darüber, keine Medikamente auf Dauer nehmen zu müssen. Das hat sich leider radikal geändert. Aber derzeit geht es nicht anders um den Dauerschmerz zu lindern. Und dieser tritt immer mal in unterschiedlicher Form und Körperregionen auf. Mal im Bauchraum, ist hier Ruhe geht es in die Rippen oder auch in den Schulterbereich. Durchschlafen ist schon lange nicht mehr drin. Mit anderen Worten, keine Lebensqualität mehr.
Trotz dieser bedrückenden Aussichten für mich, wünsche ich allen Tagebuchleserinnen und Lesern eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit sowie ein glückliches und vor allem friedliches sowie Pilzreiches 2025! Wer jedoch auch weiterhin informiert bleiben möchte, ich werde auch in der Winterpause über aktuelle Entwicklungen, insbesondere über meine krankheitsbedingten, berichten. Zumindest so weit ich mich dazu noch in der Lage fühle.
Euer Pilzfreund Reinhold Krakow