Öffentliche Pilzlehrwanderung
Von Klein Warin bis Warin
Bescheiden die Teilnehmerzahl unserer heutigen Pilzlehrwanderung (6), mehr als bescheiden auch das Angebot an Frischpilzen. Nach wochenlanger Trockenheit und Hitze haben wir auch nicht viel erwartet, aber die teils kräftigen Schauer der letzten zwei Wochen lassen es hier und da doch schon wieder zaghaft sprießen.
Am Sonnabend, dem 10. August 2013, um 08.00 Uhr, war es wieder soweit. Pilzberater Reinhold Krakow vom Steinpilz – Wismar lud zu einer geführten Pilzlehrwanderung ein. Treff war wie immer der Parkplatz am ZOB, in der Wismarer Wasserstraße. Von hier aus starteten wir mit zwei Autos in Richtung Sternberg. Wenige Kilometer hinter der Ortschaft Reinstorf fuhren wir links zur Fahrtrichtung in den Abzweig nach Klein Warin herein. In Klein Warin startete unsere heutige Tour. Bevor es aber losging, mussten wir noch ein Fahrzeug zum Endpunkt der Pilzwanderung, nach Warin fahren. Unsere Tour führte durch abwechslungsreiche Laub- und Nadelwaldforste auf leichten, sandigen Böden. Pfifferlinge, Birkenpilze und Rotkappen, Steinpilze, Hexenröhrlinge und natürlich auch viele bunte Täublinge, Milchlinge, Wulstlinge und vieles mehr sind hier bei günstigen Wachstumsbedingungen zu finden. Diese waren im Vorfeld aber leider alles andere als günstig, durch lange Trockenheit und hochsommerliche Hitze. Da es aber örtlich, so auch hier, im Vorfeld einige kräftige Regenschauer gab, zeigten sich ganz vereinzelt wenige Frischpilze. Da es auf unseren Wanderungen aber nicht vordergründig darum geht, die Körbe möglichst optimal mit Speisepilzen zu füllen, sondern in erster Linie etwas gelernt werden soll, wurde dieser Aspekt heute durchaus erfüllt. Wer über eine solide Artenkenntnis verfügt, braucht in der Regel, zumindest bei günstigen Wachstumsbedingungen, nicht ohne eine schmackhafte Pilzmahlzeit aus Wald und Flur heimkehren.
Bevor es aber losging, reichte ich wie immer meinen Hefter herum zwecks eines Autogramms aller Wanderfreunde und nahm die Teilnahmegebühr von 5,00 € entgegen.
Dabei wunderte sich dieses Pony vom benachbarten Reiterhof Klein Warin sichtlich über uns. Was die wohl vorhaben? Wollen die vielleicht einen Ausritt hoch zu Ross? So sehen die aber gar nicht aus!
Dann ging es aber endlich los in den dunklen, sandigen und staubtrockenen Wald.
Nach wenigen Metern der erste Pilz an einem liegenden Laubholzstamm. Ein junger Flacher Lackporling (Ganoderma lipsiense) mit weißlicher Zuwachszone.
Am gleichen Stamm ein Stückchen weiter dieses merkwürdige Pilzgebilde. Soll es etwa der noch nicht beschriebene und entdeckte Pagoden – Porling sein? Aber Spaß bei Seite, es ist auch nur ein deformierter Flacher Lackporling (Ganoderma lipsiense)!
Etwas verwundert waren wir dann nochmals über diesen, relativ frischen Holzstapel am Wegesrand. Das geschlagene Stapelholz strotzt vor Lebenskraft und treibt reichlich frisches Grün aus. Es sollte wohl zügig der Verwertung zugeführt werden, bevor es wieder Wurzeln schlägt.
Holzpilze sind gegen Trockenheit recht unempfindlich und gedeihen trotzdem prächtig, so wie dieser junge Rotrandige Baumschwamm (Fomitopsis pinicola) an einem liegenden Laubholzstamm. Rotrandiger Baumschwamm? – der Rand ist doch weiß! Auch hier ist es die frische Zuwachszone, die zunächst weiß, dann, wie auch hier weiter innen zu erkennen ist, gelb bis orange und schließlich, so wie im dritten Bereich, rotbraun wird. Ein sehr dekorativer Porling, der sich auch gut zum Basteln von Gestecken eignet.
Praktisch jeder kennt den Spruch „Es brennt wie Zunder“. Hier sehen wir den Echten Zunderschwamm (Fomes fomentarius). Er wurde insbesondere in früheren Zeiten zum entfachen von Feuer, zum Stillen von Blutungen und zum Herstellen von filzartigen Stoffen für Hüte und Mützen verwendet. Vom Zunderschwamm befallenes Holz soll in der Bleistiftindustrie Verwendung gefunden haben.
Aber dann hielten fast alle inne und schauten in den Wald hinein. Soll dort tatsächlich ein richtiger Pilz mit Hut und Stiel stehen?
Tatsächlich! Der kleine, helle, längliche Fleck in der Mitte des Bildes, am Fuße der schmächtigen Buche, war ein Wurzel – Schleimrübling im letzten Stadium.
Aber dann ging es wirklich los mit richtigen Pilzen. Am Wegesrand ein kleiner Trupp dieser sehr hübschen Flockigbehangenen Trompetenschnitzlinge (Tubaria conspersa). Sie erreichen kaum mehr als 2 cm Hutdurchmesser und sind auf Holzresten zu finden. Ohne Speisewert.
Ab nun sollte es für eine Weile fast Schlag auf Schlag mit Frischpilzen weitergehen. Ebenfalls am Wegesrand dieser sehr schmackhafte Lilablättrige Mürbling (Psathyrella candolleana).
Dann ein Trupp von „Eintagsfliegen“. Es sind zarte und filigrane Tintlinge, möglicherweise Scheibchen oder Rädchen – Tintlinge (Coprinus plicatilis). Um sicher zu gehen, müssten sie aber mikroskopiert werden.
Als ich noch mit dem fotografieren der Tintlinge beschäftigt war, machten die Pilzfreunde eine weitere Entdeckung. Aus einem flachen Haufen Sägespäne wuchsen ominöse, gelbe Pilze heraus. Keiner traute sich welche ab zu nehmen bis der Fachmann vor Ort war. Es wurde gerätselt, aber auf Holzabfällen kann allerhand vorkommen. Die Pilze sehen zwar aus wie Pfifferlinge, diese wachsen aber nicht auf Sägemehl. Beim umdrehen war natürlich alles klar. Es waren frische Pfifferlinge (Cantharellus cibarius). Hier wurden kürzlich Forstarbeiten durchgeführt und die Späne zufälligerweise genau an einem Pfifferlingsstandort angehäuft. Dadurch waren die Pilze geschützt und konnten sich trotzt der Trockenheit recht gut entwickeln. Der Standort war zudem noch recht licht, so dass das Wasser der letzten Regenschauer hier gut hinkam und im Substrat gebunden werden konnte. Standortfoto.
Nirgendwo haben wir heute in diesem Wald einen Scheidenstreifling (Amanita fulva) gesehen, aber hier, aus dem Sägemehlhaufen, wuchs einer ganz frisch heraus, in trauter Nachbarschaft mit den Pfifferlingen. Essbar. Standortfoto.
Damit noch nicht genug. Zwar nicht zwischen den Sägespänen, aber direkt daneben, fast wären wir auf sie drauf getreten, diese wunderschönen Flockenstieligen Hexen – Röhrlinge (Boletus luridiformis). Der ausgezeichnete Speisepilz ist seit Ende Mai nahezu ohne Unterbrechung in Buchen und Eichenwäldern anzutreffen. Er gehört zu den wenigen, ergiebigen Speisepilzen, die auch bei großer Trockenheit noch wachsen können.
Dann war erst einmal für ein Weilchen Schluss, aber am Wegesrand einer Kiefernschonung dann ein zwar von Schnecken schon in Mitleidenschaft gezogenes, aber frisches Exemplar des Körnchen – Röhrlings (Suillus granulatus). Guter Speisepilz.
Fast alle Frischpilze, die wir heute fanden, standen am Wegesrand. So auch diese giftigen Dickschaligen Kartoffel – Hartboviste (Scleroderma citrinum). Hier kommt der wenige Regen besser hin und durch Pfützenbildung kann punktuell ausreichend Wasser zur Entwicklung einiger Pilze zusammen laufen. Standortfoto.
Der sehr schöne Samtfuß – Krempling (Paxillus atrotomentosus) ist auf solches Sammelwasser nicht angewiesen. Er zieht Feuchtigkeit und Nährstoffe aus seinem Wirtsholz, meist Fichte, aber auch Kiefer. Minderwertig.
Und dann mitten im Jungkiefernwald, am Wegesrand, ein gut tragender Apfelbaum. Zwar noch etwas sauer, aber in zwei Wochen könnte geerntet werden, meint Pilzfreund Jürgen. Er wird die Äpfel sich wohl holen, falls ihm nicht schon jemand zuvor kommen wird. Ehrlich gesagt, schöne Apfel – Täublinge wären auch nicht schlecht gewesen.
An und auf einem schattigen und feuchteren Mischwaldweg stand ein ganzer Trupp jüngerer und älterer Eichen – Filzröhrlinge (Xerocomus quercinus). Sie wanderten in den Speisepilzkorb.
Versteckt und geschützt im Brennnesselwald lag ein alter Birkenstamm, auf dem diese frischen Rehbraunen Dachpilze (Pluteus atricapillus) wuchsen. So wurde es heute wenigstens für eine Person eine interessante Mischpilzmahlzeit.
Pünktlich gegen Mittag näherte sich unsere heutige Pilzwanderung dem Ende. Es wurde auch Zeit, denn inzwischen war es reichlich schwül geworden und am Himmel brauten sich drohend die ersten Gewitterwolken zusammen.
Unser Abschlussfoto. Wie man sieht, gingen am Ende die großen Erwartungen einiger Pilzfreundinnen leider nicht in Erfüllung. Die Handvoll Speisepilze verliert sich im großen Korb, aber ein kleinerer war heute morgen einfach nicht zur Hand. 10.08.2013.
Wann steht die nächste Pilzwanderung auf dem Plan? – Siehe unter Termine!