12. November 2022 – Öffentliche Lehrwanderung
Öffentliche Pilzlehrwanderung
Pilzwandern im Jahr des Roten Fliegenpilzes
Sie führte durch den Wald am Homberg
Es ist schon längere Zeit her, als wir hier schon einmal im Rahmen einer öffentlichen Pilzführung unterwegs waren. Damals ebenfalls im Spätherbst. Leider fielen seit dem viele alte Buchen der Säge zum Opfer. Hier wurde in den zurück liegenden Jahren stark ausgeholzt. Mächtige Buchen wurden umgelegt und im großen Stil geerntet. Da klingelt natürlich die Kasse. Während eines Telefonats mit einem benachbarten Waldbesitzer, dem ein Teil des sogenannten Hegholz und Paradieses gehört, sagte mir dieser einmal wörtlich „In 100 Jahren seien die Buchen doch wieder nachgewachsen“.
Na ja, in 100 Jahren! Kurz bevor es in diesem Wald lichter wurde, konnten wir hier noch eine gigantische Steinpilz – Schwämme erleben. Wenig später fielen die Buchen reihenweise und mit einer solchen Schwämme von Herrenpilzen dürfte es selbst in guten Jahren am Homberg wohl schwer werden.
Nun, Steinpilze gibt es natürlich auch noch im November, aber darauf sollten wir uns heute nicht versteifen. Im Spätherbst – Aspekt dominieren schließlich andere Arten, die es gilt kennen zu lernen. Darunter auch zahlreiche Speisepilze. Vom Wetter hatten wir Glück. Herrlich mild und teils sonnig. Wir kamen ganz schön ins Schwitzen. Und es war eine sehr schöne Wanderung, die zwar nicht unbedingt mit vollen Körben endete, aber doch einiges an interessantem und wissenswertem vermitteln konnte.

Im frisch gefallenen Buchenlaub fand sich noch einiges an Täublingen. Hier sind es bereits etwas angeschwärzte Dickblättrige Kohlen – Täublinge (Russula nigricans).

Der auch recht stattliche Rosa- oder Morgenrot – Täubling (Russula aurora) ist zwar essbar, erreicht aber nicht die Geschmacksqualitäten des Frauen – Täublings.

Die Huthaut des Grobscholligen Riesenschirmpilzes (Macrolepiota konradii) reißt in grobe, sternförmig um den Hutscheitel angeordnete Schuppen auf.

Die Herbstlorchel (Helvella crispa) kommt im Vergleich zur teils sehr düsteren Gruben – Lorchel in einem wesentlich hellerem Outfit daher.

Allein schon sein pochhartes, festes Fleisch kennzeichnet den Harten Zinnobertäubling (Russula rosacea) schon recht gut. Ein minderwertiger Speisepilz.

Der Gelbstielige Muschelseitling (Sorcomyxa serotina) kann mit dem Austern – Seitling verwechselt werden. Nicht weiter schlimm, aber es könnte etwas bitter schmecken.

Trotz des relativ jungen Buchenbestandes in diesem Bereich auch immer mal Inseln mit Totholz dazwischen.

Ein gefundenes Fressen für Holzbewohner, so wie diesen Schmetterlings – Trameten (Trametes versicolor) an einem Stubben.

Catrin kann sie gebrauchen. Für ein stimmungsvolles Gesteck, dass sie mir zu Weihnachten überreichen wird. Zwar ungeeignet in der Pfanne, aber als Dekoration für Gestecke oder auch als Vitalpilz sehr beliebt. Es wird ihr nachgesagt, beispielsweise in der Krebstherapie unterstützend positiv zu wirken.

Eine essbare Gruben – Lorchel (Helvella lacunosa). Nicht nur im Spätherbst zu finden, sondern vom Frühling an in Laub- und Nadelwäldern.

Immer wieder wunderbare Stimmungen. Ich sehe in diesem Bild irgendwie den Frühling und den Herbst vereinigt.

Eigentlich hätten wir zu dieser Jahreszeit, an der Schwelle zum Winter, Austern – Seitlinge erwarten können. Hier sind es aber die aus dem Sommer bekannten und wärmeliebende Lungen – Seitlinge (Pleurotus pumonarius). Kein Wunder, bei dem ungewöhnlich warmen Herbst in diesem Jahr.

Ein gutes Abgrenzungsmerkmal des Lungen – Seitlings (Pleurotus pulmunarius) von blassen Formen des ähnlichen Austern – Seitlings ist das Gilben der Fruchtkörper beim antrocknen. Auch entströmt ihm gelegentlich ein zarter Duft nach Anis.

Es war ein Schillerporling an Buche. Aber weit unten am Stamm. Ich vermute den Häutigen Schillerporling (Inonotus cuticularis), der aber in der Regel höher, an Stammverletzungen, dachziegelartig übereinander zu finden ist.

Nein, es sind Wässrige Mürblinge (Psathyrella hydrophila), die allerdings wegen der Ähnlichkeit auf den ersten Blick auch Weißstielige Stockschwämmchen genannt werden. Essbar sind auch sie, reichen aber nicht an die Qualitäten des Stockschwämmchens heran.

Im Zuge der Sporenreifung bildet sich eine Öffnung auf den Scheitel der Birnen – Stäublinge (Lycoperdon pyriforme), um bei mechanischen Reizen wie Regentropfen, den Sporenstaub ausschleudern zu können.

Hier sehen wir aber nun echte Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabils), die Catrin für uns entdeckt hat.

Denn sie weiß, worauf es beim Stockschwämmchen Ernten an kommt. Nämlich auf die bräunlichen Schüppchen auf den Stielen.

So etwas sehen wir doch gerne. Gestürzte Bäume und gefallene Äste dürfen liegen bleiben. Genau so gehört es sich im naturnahen Wald.

Die Bestimmung von Mürblingen kann oft sehr anspruchsvoll sein. Deshalb möchte ich hier nur vermuten, welche Art dieser umfangreichen Gattung in Frage kommen könnte, nämlich der Aschgraublättrige Mürbling (Psathyrella tephrophylla).

Nach Erhard Ludwig kann der zunächst dunkler gefärbte Hut zu creme – ocker aufhellen und in der Mitte meist lange orange-goldocker gefärbt bleiben. Ebenfalls soll er gerunzelt sein.

Auch die Bestimmung vieler Tintlinge ist nicht so ohne weiteres möglich. Auf einer Exkursion im Jahre 2004, bei Putbus auf der Insel Rügen, konnte ich über dieses Thema mit Erhard Ludwig ins Gespräch kommen und halte mich, bis auf die gängigen Arten dieser Gattung, mit meinen Bestimmungsversuchen eher zurück.

Es werden heut zu Tage, insbesondere auch durch das Sequenzieren, viele neue Arten entdeckt und Gatttungen aufgespalten und neu aufgestellt. Dass sich noch niemand um eine Sonderform des Grünblättrigen Schwefelkopfes (Hypholoma fasciculare) her gemacht hat, zumal sie sich bereits augenscheinlich von der Normalform unterscheidet, ist schon etwas verwunderlich. Die hier gezeigte Kollektion gehört zu einer schmächtigeren Variante, die ich bisher immer an Eichenstubben gefunden habe. Farblich mehr ein Lindgrün auf Stiel und Lamellen und auch ein schmächtiger im Wuchs.

Ein starker, liegender Buchenstamm ist besetzt von zahlreichen Konsolen des Laubholz – Harzporlings (Ischnoderma resinosum).

Und es lohnt sich einen Blick in Richtung Himmel zu werfen. Derart viele und ordentlich angeordnete Schäfchenwolken bekommt man wirklich nicht alle Tage zu sehen.

Das war die letzte öffentliche Wanderung in diesem Jahr. Bis Weihnachten ist zwar noch etwas Zeit, aber unsere Catrin wünscht im Namen des Steinpilz – Wismar schon mal ein frohes Fest.
Wann starten wir zur nächsten Pilzwanderung? – Siehe unter Termine!